Altersarmut: Millionen Arbeitnehmer betroffen

Altersarmut ist ein Thema, das einige Arbeitnehmer in Deutschland betreffen wird. Glaubt man einer aktuellen Studie, wird in einigen Jahren sogar jeder fünfte Rentner mit Geldsorgen zu kämpfen haben. Keine schönen Aussichten. Doch es lässt sich etwas tun. Dazu schauen wir uns zunächst die Gründe für Altersarmut an und geben dann einige Tipps, wie man der Armut im Alter vorbeugen kann.

Eine Frau lebt in Altersarmut und ist nachdenklich

Altersarmut: Was versteht man darunter?

Es gibt unterschiedliche Definitionen von Altersarmut, die sich jeweils an anderen Einkommensgrenzen festmachen lassen.

Die Europäische Union nennt in diesem Zusammenhang beispielsweise zwei relevante Grenzen, die sich am Medianeinkommen orientieren. Das Medianeinkommen bezeichnet das mittlere Einkommen. Damit ist gemeint, dass es genauso viele Menschen gibt, die mehr verdienen als der Medianwert, wie Menschen, die weniger verdienen. Im Jahr 2017 lag der Median für Singles in Deutschland bei einem Nettoeinkommen von 1946 Euro.

Demnach gelten als

  • armutsgefährdet diejenigen Menschen, die 60 Prozent oder weniger des Medianeinkommens verdienen.
  • arm diejenigen Personen, die maximal 40 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung haben.

Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) betrachtet Menschen dahingegen schon dann als arm, wenn sie nicht mehr als 50 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung haben.

Auch von Politikern hört man immer wieder andere Zahlen, wenn es um das Thema Armut und speziell Altersarmut geht. Grundsätzlich kann man aber wohl davon sprechen, dass Menschen dann als arm zu bezeichnen sind, wenn das eigene Einkommen nicht ausreicht, um den Lebensstandard halten oder die laufenden Kosten begleichen zu können.

Wenn Senioren von Armut betroffen sind, ist es doppelt schlimm. Denn nicht immer sind sie noch in der Lage, im Alter zusätzliches Geld zu verdienen. Das führt dazu, dass die Altersarmut sich verfestigt und Betroffene aus einer Kraft kaum einen Ausweg finden.

Altersarmut in Deutschland: Aktueller Stand

Die Zahl der Menschen, die im Alter von Armut bedroht sind, stieg in den letzten Jahren immer weiter an. Waren es 2006 noch 1,9 Millionen Menschen, wurden 2018 schon 3,1 Millionen Bundesbürger als von Altersarmut gefährdet eingestuft – das sind 18,2 Prozent der Menschen über 65.

Dabei ist die Altersarmut ungleich verteilt: Mehr Frauen als Männer haben an ihrem Lebensabend häufig nicht genug Geld, um ihren Unterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können. Die Gründe dafür sind hauptsächlich Auszeiten vom Berufsleben, wenn Kinder geboren werden. Hinzukommt, dass Frauen häufig nur in Teilzeit arbeiten, wenn ihre Kinder in die Krippe oder den Kindergarten gehen. Gerade in der Vergangenheit war das klassische Familienmodell – der Mann arbeitete, die Frau blieb zu Hause – noch ausgeprägter. Was oft dazu führte, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes gar nicht mehr gearbeitet haben. Diese Frauen sind umso mehr von Altersarmut betroffen.

Ein weiterer Risikofaktor für Altersarmut ist die Beschäftigung im Niedriglohnsektor. Wer sein Leben lang recht wenig verdient, zahlt auch nur wenig in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Und um die Rentenlücke mit privater Vorsorge zu schließen, fehlt bei Geringverdienern ebenfalls das Geld.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass meist gerade die Jobs im Niedriglohnsektor körperlich anstrengend sind. Arbeitnehmer, die täglich acht oder mehr Stunden hart körperlich arbeiten, werden nicht selten krank und müssen ihren Beruf aufgeben oder können nicht mehr in dem gewohnten Umfang arbeiten. Auch das hat natürlich einen nicht unerheblichen Einfluss auf die spätere Rente und ist damit ein weiterer Faktor für Altersarmut.

Prognose: So könnte sich die Altersarmut in Deutschland entwickeln

Vermutlich werden nachfolgende Generationen noch stärker von der Altersarmut betroffen sein als die Senioren heutzutage. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2036 jeder fünfte ehemalige Erwerbstätige, der in den Ruhestand eintritt, von Armut im Alter bedroht sein wird.

Die Gründe dafür:

  1. Senkung des Rentenniveaus: Die Rente wird immer weiter gekürzt beziehungsweise das Rentenniveau abgesenkt. Vermutlich wird dieser Trend in den nächsten Jahren anhalten. Das bedeutet, dass es für Arbeitnehmer immer schwieriger wird, während ihres Erwerbslebens genügend Rentenansprüche zu erwerben, um im Alter ohne finanzielle Sorgen leben zu können.
  2. Demographischer Wandel: Das Rentensystem beruht auf dem sogenannten Generationenvertrag. Das Geld, was man als Arbeitnehmer einzahlt, wird später nicht direkt als eigene Rente ausgezahlt. Vielmehr zahlt die aktuelle Generation von Arbeitnehmern jeweils die Rente der Generation zuvor. Gibt es immer weniger Erwerbstätige, sinken auch die Beiträge, die in die Rentenversicherung gezahlt werden. Und das hat einen direkten Einfluss auf die Höhe der Rente der aktuellen Rentner.
  3. Niedrige Zinsen: Auch das aktuelle Zinsniveau spielt eine Rolle bei der Altersarmut. Viele private Rentenverträge sind nur noch schlecht verzinst und reichen daher kaum aus, um die Rentenlücke zu schließen. Auch andere Geldanlagen, beispielsweise das Sparbuch, erfüllen kaum noch ihren Zweck, da der Zins häufig unter der Inflationsrate liegt. Genau betrachtet verlieren Sparer dabei sogar Geld, statt finanzielle Reserven fürs Alter aufzubauen.

Altersarmut vorbeugen: Das kann man tun

Die Aussichten für die aktuelle Generation von Erwerbstätigen sind nicht sonderlich rosig. Daher ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit eigener Vorsorge zu beschäftigen. Es gibt nämlich durchaus Möglichkeiten, um die spätere Rentenhöhe positiv zu beeinflussen:

  1. Riester-Rente: Der Staat fördert einige Programme, mit denen sich Arbeitnehmer eine private Rente neben der gesetzlichen aufbauen können. Da wäre zuerst die Riesterrente zu nennen. Arbeitnehmer, die bis zu 2.100 Euro einzahlen, können einen Zuschuss von 175 Euro bekommen. Wenn sie Kinder haben, die nach dem 1. Januar 2008 geboren sind, gibt es 300 Euro zusätzlich, für ältere Kinder immerhin noch 185 Euro.
  2. Rürup-Rente: Selbstständige und Personen mit hohem Einkommen können in die Rürup-Versicherung einzahlen. Die Prämien, die dabei gezahlt werden, hängen von den eingezahlten Beiträgen ab. Großer Vorteil dieser privaten Rentenversicherung: Die Beiträge können direkt von dem zu versteuernden Einkommen abgezogen werden und mindern daher die gesamte Steuerlast.
  3. Betriebliche Altersvorsorge: Vor allem größere Unternehmen bieten ihren Arbeitnehmern häufig eine betriebliche Altersvorsorge an. Dabei wird ein Teil des Einkommens direkt in die Altersvorsorge gesteckt – auch der Arbeitgeber kann sich an den Zahlungen beteiligen.
  4. Wohneigentum: Da sich das klassische Sparen kaum noch lohnt, steigen viele Personen auf anderen Formen der Vorsorge um. Gerade Immobilien sind dabei beliebt. Denn dank einer abbezahlten Immobilie entfallen im Alter die Kosten für die Miete – Nebenkosten und Versicherungen muss man natürlich trotzdem zahlen.
  5. Fondssparpläne: Wer sich nicht gleich ein Haus kaufen kann oder mag, kann sein Geld auch in Aktien anlegen. Dabei sollte man auf wenig spekulative Anlagen setzen. ETFs sind heute beispielsweise eine gute Möglichkeit, sein Geld mit einer passablen Rendite anzulegen. Zudem bieten viele große Banken die Möglichkeit, zu relativ niedrigen Gebühren monatlich einen gewissen Betrag in Aktien zu investieren. Vor dem Investment sollte man sich jedoch genau erkundigen und die verschiedenen Optionen vergleichen und abwägen, welche Anlage zu den eigenen Bedürfnissen passt.

Grundsicherung: Vorsorge vom Staat

Wie wir bereits gesehen haben, können nicht alle Erwerbstätigen privat vorsorgen. Das führt dazu, dass diese Personen häufiger von Altersarmut betroffen sind. Wer aus eigener Kraft kein zusätzliches finanzielles Polster aufbauen kann, kann sich gegebenenfalls auf den Staat verlassen.

Die sogenannte Grundsicherung soll dazu beitragen, dass sich Senioren wenigstens zum Teil ihren Lebensstandard erhalten können. Grundsicherung können diejenigen Rentner beantragen, die mehr Geld für ihren Lebensunterhalt aufwenden müssen, als sie Rente bekommen. Allerdings muss der Rentner dafür Auflagen erfüllen: Sollte er Luxusgüter besitzen, muss er diese zunächst verkaufen, bevor er Grundsicherung erhält.

Auch Erspartes muss aufgebraucht sein, bevor der Staat einspringt. Und noch eine weitere Voraussetzung gibt es: Wenn die Kinder des bedürftigen Senioren gut verdienen (über 100.000 Euro pro Jahr) oder vermögend sind, müssen die Kinder die nötige finanzielle Unterstützung aufbringen.

Sind diese Voraussetzungen jedoch erfüllt, kann der Senior Grundsicherung beantragen, sobald er die Regelaltersgrenze erreicht hat. Aktuell liegt diese bei 65 bis 67 Jahren – abhängig vom Geburtsjahr und den belegten Beitragsjahren.

Bildnachweis: Africa Studio / Shutterstock.com

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