Betriebliches Eingliederungsmanagement: Was bedeutet das BEM für mich?

Betriebliches Eingliederungsmanagement – was nach einem bürokratischen Wortungetüm klingt, ist in Wahrheit ganz nützlich. Denn Mitarbeiter, die mehr als sechs Wochen pro Jahr wegen einer Krankheit im Job ausfallen, können am betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) teilnehmen – wenn sie möchten. Und das kann durchaus sinnvoll sein. Denn das BEM hat schon den ein oder anderen Arbeitsplatz gerettet.

Ein Abteilungsleiter hilft einer Mitarbeiterin im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements

Betriebliches Eingliederungsmanagement: Was versteht man darunter?

Fallen Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum aus oder sind sie über das Jahr gesehen länger als sechs Wochen oder 42 Tage krank, muss der Arbeitgeber handeln. Der Gesetzgeber verpflichtet ihn dazu, für diese Mitarbeiter ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten.

Das erklärte Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagement: Der Mitarbeiter soll wieder in das Unternehmen eingegliedert werden. Im gleichen Schritt versuchen die Beteiligten dabei, die Fehlzeiten des Mitarbeiters zu reduzieren. Denn unter Umständen fällt der Mitarbeiter nur so häufig aus, weil etwas mit der Beschaffenheit seines Arbeitsplatzes nicht stimmt.

Nehmen wir einmal an, dass sich ein Mitarbeiter aus der Buchhaltung in regelmäßigen Abständen krankmeldet. Grund dafür sind andauernde Rückenbeschwerden, die es ihm unmöglich machen, länger zu sitzen. Hier würde vielleicht schon ein ergonomischer Arbeitsplatz helfen, die Krankenzeiten zu verringern.

Beim betrieblichen Eingliederungsmanagement geht es also auch um Vorbeugung und den Schutz der Gesundheit. Es soll verhindert werden, dass der Mitarbeiter noch einmal wegen einer Erkrankung ausfällt.

Übrigens haben auch Arbeitgeber etwas vom BEM: Die Fehlzeiten werden weniger, wodurch sie die Personalkosten senken. Was aber vielleicht noch wichtiger ist: Die Beschäftigten bleiben dem Unternehmen erhalten.

Statt also beispielsweise in Frührente zu gehen oder krankheitsbedingt gekündigt zu werden, kann der Mitarbeiter weiterhin seiner Arbeit nachgehen. Gerade bei gut ausgebildeten Fachkräften ist das ein unschlagbarer Vorteil.

BEM: Wann wird es angeboten?

Der Gesetzgeber sieht vor, dass alle Arbeitnehmer, die länger als sechs Wochen oder 42 Tage innerhalb eines Jahres krankheitsbedingt ausfallen, an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement teilnehmen können. Die gesetzlichen Vorgaben dafür finden sich in Paragrafen § 167 Abs. 2 Satz 1 Neuntes Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Dabei suchen die Beteiligten nach Lösungen, wie der Arbeitsplatz des Mitarbeiters erhalten werden kann. Ob der Mitarbeiter an einem BEM teilnehmen möchte, bleibt ihm selbst überlassen. Eine Pflicht dazu gibt es nicht. Und selbst wenn er dem betrieblichen Eingliederungsmanagement zustimmt, kann er die Gespräche jederzeit abbrechen. Es gibt also kaum einen Grund, warum Arbeitnehmer nicht daran teilnehmen sollten, denn für sie hat das betriebliche Eingliederungsmanagement eigentlich nur Vorteile. Befürchten müssen sie dagegen im Laufe des betrieblichen Eingliederungsmanagements nichts.

Übrigens: Der Zeitraum, in dem die Krankenzeiten anfallen, ist recht flexibel. Der Arbeitgeber betrachtet also nicht nur die Zeiten vom 1. Januar bis zum 31.12. Auch wenn sich unterjährig die Fehlzeiten häufen, kann er ein betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten.

BEM und krankheitsbedingte Kündigung

Auch wenn der Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen möchte, gehört das betrieblichen Eingliederungsmanagement dazu. Grund dafür ist die Verhältnismäßigkeit bei krankheitsbedingten Kündigungen. Ihr Chef muss nämlich nachweisen, dass ihm kein milderes Mittel außer die Kündigung bleibt.

Ohne ein vorheriges BEM wird dieser Nachweis vermutlich schwierig. Denn Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist ja gerade, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen.

Kündigt er trotzdem ohne ein betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten zu haben, muss er bei einer Klage vor dem Arbeitsgericht nachweisen, dass es auch mit dem BEM keine Möglichkeiten gegeben hätte, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, und die krankheitsbedingte Kündigung daher gerechtfertigt war. In den meisten Fällen dürfte dieser Beweis eine ganz schöne Herausforderung oder sogar unmöglich sein.

Für Arbeitnehmer sind das gute Nachrichten. Denn ohne das betrieblichen Eingliederungsmanagement dürfte sich eine krankheitsbedingte Kündigung nur schwer vor Gericht halten. Wie groß jedoch die Aussichten in jedem individuellen Fall sind, kann nur ein Rechtsanwalt beurteilen.

Das Verfahren im betrieblichen Eingliederungsmanagement

Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist Sache des Arbeitgebers. Gesetzlich vorgeschrieben ist nur, dass er es anbieten muss. Wie er es macht, bleibt dagegen ihm überlassen. Das bedeutet übrigens auch, dass nirgendwo festgelegt ist, wie lange das BEM dauern muss. Denkbar sind nur weniger Gespräche, aber auch ein länger andauerndes Eingliederungsmanagement über mehrere Monate.

Obwohl das BEM also kaum reguliert ist, gibt es trotzdem einige Abläufe, die sich etabliert haben:

  1. Einladung: Das betriebliche Eingliederungsmanagement startet mit dem sogenannten BEM-Einladungsschreiben. Der Arbeitgeber erklärt darin, dass er gerne ein betriebliches Eingliederungsmanagement einleiten würde, der Mitarbeiter dazu aber nicht gezwungen ist. In dem Brief werden außerdem die weiteren Beteiligten genannt. So muss bei schwerbehinderten Mitarbeitern zum Beispiel die Schwerbehindertenvertretung anwesend sein. Meist gibt es im BEM-Einladungsschreiben auch einen Hinweis darauf, dass der Mitarbeiter weitere Personen oder Beauftragte nennen darf, die am BEM teilnehmen sollen.
  2. Gespräch: Stimmt der betroffene Mitarbeiter dem betrieblichen Eingliederungsmanagement zu, treffen sich alle Teilnehmer zu einem ersten gemeinsamen Gespräch. Wie dieses Gespräch abläuft und was darin besprochen wird, bleibt beiden Seiten selbst überlassen. Meist bespricht man jedoch den groben Ablauf des BEM.
  3. Maßnahmen: Dem ersten Gespräch folgen weitere Gespräche, in denen verschiedene Maßnahmen erläutert werden. Auch wer an diesen Gesprächen teilnimmt, kann der Mitarbeiter bestimmen. Der Arbeitgeber – oder ein Vertreter – muss immer am BEM teilnehmen. Davon abgesehen, kann der Mitarbeiter aber den Betriebsrat, den Betriebsarzt oder gar seinen eigenen Arzt zum betrieblichen Eingliederungsmanagement hinzuziehen. Auch Mitarbeiter des Integrationsamtes oder der Krankenkasse oder Unfallversicherung können als Ansprechpartner im betrieblichen Eingliederungsmanagement zur Seite stehen.
  4. Erklärung: Konnten sich beide Seiten auf ein praktikables Vorgehen einigen, wird das in einer Abschlusserklärung festgehalten. In dieser Erklärung steht, ob sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf bestimmte Maßnahmen einigen konnten. Falls dem so sein sollte, gehören diese Maßnahmen in die Erklärung hinein.

Betriebliches Eingliederungsmanagement: das Gespräch im Einzelnen

In den BEM-Gesprächen versuchen beide Seiten zu klären, welche Möglichkeiten es für den Arbeitnehmer im Unternehmen noch gibt. Dabei muss zunächst zwischen zwei Arten von Fehlzeiten unterschieden werden:

  1. länger andauernder Arbeitsausfall
  2. mehrere kürzere Arbeitsausfälle

Diese Unterscheidung ist wichtig. Denn Mitarbeiter, die zum Beispiel länger ausfallen, weil sie einen Schlaganfall hatten, brauchen eine andere Betreuung und vermutlich auch ein anderes betriebliches Eingliederungsmanagement als Mitarbeiter, die immer mal wieder kurzzeitig wegen Rückenproblemen auf der Arbeit fehlen.

Bei mehreren kürzeren Arbeitsausfällen könnte die Ursache mit dem Arbeitsplatz selbst in Verbindung stehen. Arbeitgeber können zum Beispiel folgende Ursachen überprüfen:

  • zu viele Überstunden (Überlastung, Burnout)
  • zu wenig zeitliche Flexibilität (großer Druck)
  • starre und einseitige körperliche Belastung (Rückenprobleme…)
  • mangelnde oder fehlende Arbeitsorganisation (Stress, Überlastung)
  • Arbeit im Schichtsystem (beeinflusst den Schlafrhythmus, kann Grund für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein)
  • Konflikte mit Vorgesetzten und/oder Kollegen

Die Maßnahmen im betrieblichen Eingliederungsmanagement

Welche Maßnahmen sich für den individuellen Mitarbeiter eignen, kann nur individuell entschieden werden. Denn die Maßnahmen richten sich nach den persönlichen Problemen des Beschäftigten.

Ist die Schichtarbeit der Grund für die häufigen Fehlzeiten, könnte eine Maßnahme sein, den Mitarbeiter nur noch in einer Schicht einzusetzen. Statt möglicherweise im Drei-Schicht-Betrieb und damit auch nachts zu arbeiten, könnte der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz in der Frühschicht für den Mitarbeiter suchen. Das ist natürlich mit Aufwand und viel Organisation verbunden. Aber wenn deshalb der Arbeitsplatz erhalten werden kann, lohnt es sich doch für alle Beteiligten.

Unter Umständen helfen aber auch schon kleinere Maßnahmen, um das BEM erfolgreich abzuschließen. Nach einer Erkrankung können auch technische Hilfsmittel dem Arbeitnehmer ermöglichen, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Sind dagegen Konflikte am Arbeitsplatz der Hauptgrund für Fehlzeiten, kann eine Vermittlung durch einen Mediator ein geeignetes Mittel sein.

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