Bumerang-Effekt: Was ist das?

Vieles, was manche Menschen als Wahrheit ansehen, ist bei genauerer Betrachtung eine falsche Information. Fehlinformationen und Halbwahrheiten können sich in den Köpfen der Menschen erstaunlich lange halten – selbst dann, wenn sie längst widerlegt worden sind. Woran liegt es, wenn Menschen an vermeintlichen Fakten festhalten, die nachweislich falsch sind? Was ist der sogenannte Bumerang-Effekt? Und was kann man tun, um der Verbreitung von Fehlinformationen vorzubeugen? Das erfahren Sie in diesem Artikel.

Ein Bumerang, dieser steht symbolisch für den Bumerang-Effekt

Was ist der Bumerang-Effekt?

Was ist wahr, was nicht? Das herauszufinden ist nicht immer so einfach. Es hilft natürlich, sich bei der Informationsbeschaffung auf vertrauenswürdige Quellen zu stützen, aber Fehler können immer passieren. Tatsache ist: Viele vermeintliche Fakten, die im Umlauf sind, sind falsch. Falschinformationen kursieren, weil Gerüchte sich verselbständigen oder weil inzwischen überholte „Fakten“ immer noch im Umlauf sind. Manche Fehlinformationen werden auch gezielt gestreut, zum Beispiel im Sinne einer politischen Beeinflussung.

Die Krux an der Sache: Falsche Informationen bleiben oft hängen, selbst dann, wenn sie bereits korrigiert worden sind. Das ist in der Sozialpsychologie als „Effekt des anhaltenden Einflusses“ bekannt. Je öfter man die (falschen) Informationen hört, desto glaubhafter findet man sie – ein Phänomen, welches als Scheinwahrheitseffekt bezeichnet wird. Je häufiger Menschen die betreffende Information hören, ohne sie zu hinterfragen, desto stärker ist der Effekt. Die Fehlinformation setzt sich damit immer weiter fest.

In manchen Fällen kann der Versuch, Fehlinformationen zu widerlegen, sogar noch zu einer Verstärkung der subjektiv korrekten, aber objektiv falschen Wahrheit führen. Das ist als Bumerang-Effekt bekannt. In diesem Fall erhöht eine Korrektur falscher Informationen unbeabsichtigt den Glauben einer Person an diese Information. Die Person ist dann noch überzeugter davon, dass ihre Einschätzung korrekt ist. Im Englischen ist das sozialpsychologische Phänomen als Backfire-Effekt bekannt.

Bumerang-Effekt: Warum Halbwahrheiten gefährlich sind

Die Diskussion um einen möglichen Bumerang-Effekt wurde in der Psychologie vor einigen Jahren verstärkt geführt. Man glaubte, dass die Wiederholung falscher Behauptungen für eine Korrektur dieser Ansichten dazu führen könnte, dass die betreffende Person noch stärker an die Fehlinformation glaubt. Studien haben seither nicht bestätigen können, dass der Bumerang-Effekt häufig vorkommt. Er ist damit empirisch kaum relevant, kann jedoch in bestimmten Situationen und Umständen auftreten.

Auch wenn der Bumerang-Effekt an Relevanz verloren hat: Fehlinformationen bleiben bei vielen Menschen hängen, und das kann gravierende Auswirkungen haben. Gerüchte und Unwahrheiten können nicht nur bei den Personen, um die es geht, Schaden anrichten. Sie können auch den gesellschaftlichen Diskurs beeinflussen und schaden nicht selten einer größeren Gruppe von Menschen.

Viele Mythen halten sich hartnäckig

Nehmen wir das Beispiel der Corona-Schutzimpfung. Über die Impfstoffe gibt es eine ganze Reihe von Verschwörungstheorien, was manche Menschen zu überzeugten Impfgegnern gemacht hat. So glauben manche Menschen, dass mit der Impfung ein Mikrochip injiziert wird oder der Impfstoff das menschliche Erbgut verändern kann. Dafür gibt es zwar keine Hinweise, was auch oft in den Medien thematisiert wurde. Trotzdem scheinen sich viele Impfgegner von entsprechenden Berichten nicht beeindrucken zu lassen, manche fühlen sich durch den Gegenwind sogar bestätigt – und lassen sich weiterhin nicht impfen. Das schadet nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch ihrem Umfeld und im weiteren Sinne der ganzen Gesellschaft.

Ein weiteres Beispiel ist der Ruf von Kokosöl. Es galt und gilt vielen Gesundheitsbewussten als „gutes“ Fett mit gesundheitsfördernden Eigenschaften. In vielen Rezepten findet sich nun Kokos- statt etwa Rapsöl. Dabei haben Studien gezeigt, dass Kokosöl die Blutfettwerte negativer beeinflussen kann als Rapsöl oder Olivenöl. Es enthält fast nur ungesunde gesättigte Fettsäuren und kann zu einem Anstieg des „schlechten“ Cholesterins LDL führen. Damit steigt die Gefahr von Arterienverkalkungen und Herzproblemen. Trotzdem wird Kokosöl nach wie vor von vielen als Bestandteil einer gesunden Ernährung propagiert.

Selektive Wahrnehmung kann Fehlinformationen befördern

Wenn sich Fehlinformationen halten, kann das auch zu einer Spaltung der Gesellschaft in verschiedene Lager beitragen. Das ist besonders in Ländern eine Gefahr, die ohnehin stark polarisiert sind, etwa die USA, wo die Diskrepanz zwischen liberalen Zentren an der Ost- und Westküste und den abgehängten ländlichen Gebieten in der Mitte des Landes besonders groß ist. So hatte der Ex-Präsident Donald Trump viele Anhänger, die ihm auch dann noch geglaubt haben, obwohl sich zahlreiche Aussagen von Trump als falsch herausgestellt haben.

Problematisch sind falsche Informationen besonders dann, wenn Menschen stark in bestimmten Weltanschauungen verhaftet sind. Sie konsumieren oft häufig nur noch Medien, die ihrer Sichtweise entsprechen, oder umgeben sich nur mit Menschen, die ihre Ansichten teilen. Berichte, die ihren Meinungen widersprechen, tun sie als „Fake News“ ab. Eine solche selektive Wahrnehmung kann dazu führen, dass Betroffene sich von ihren falschen Ansichten trotz schlüssiger Gegenargumente nicht abbringen lassen. Dabei könnte auch ein Bumerang-Effekt auftreten.

Warum glaubt man Informationen, die nachweislich falsch sind?

Warum halten sich viele Mythen und Halbwahrheiten so hartnäckig? Diese Frage ist besonders deshalb interessant, weil viele Fehlinformationen weit verbreitet sind, obwohl es überzeugende Argumente dafür gibt, dass sie nicht der Wahrheit entsprechen. Psychologisch gibt es verschiedene Erklärungsansätze für dieses Phänomen.

So sorgt die Wiederholung einer bestimmten Information dafür, dass sie dem Rezipienten vertrauter ist. Bekannte Informationen empfindet man eher als zutreffend. Das beschreibt auch der Scheinwahrheitseffekt: Was man häufig gehört hat, glaubt man eher als eine neue Information.

Auch der Effekt der Reaktanz spielt häufig eine Rolle. Dabei handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, welches erstmals in den 1960er Jahren beschrieben wurde. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, eingeschränkt werden soll oder sie sich zu etwas gedrängt fühlen, kann das eine Abwehrreaktion hervorrufen. Schon aus Trotz beharren manche in solchen Situationen umso stärker auf ihrer Sichtweise – und ein Bumerang-Effekt kann sich zeigen, wenn man sie vom Gegenteil überzeugen möchte.

Eine Rolle spielt außerdem die kognitive Dissonanz. Kognitive Dissonanz bezeichnet eine Diskrepanz zwischen dem, was Menschen glauben, und widersprechenden neuen Informationen, Haltungen und Werten. Menschen streben nach konsistenten Wahrnehmungen und Einstellungen. Geraten sie in Kontakt mit Informationen, die nicht zu ihrer Sichtweise passen, verursacht das Unbehagen. Das kann dazu führen, dass neue Informationen kategorisch abgelehnt werden, weil sie nicht ins Weltbild passen.

Was kann man gegen den Bumerang-Effekt und Fehlinformationen tun?

Es ist wichtig, gegen Falschinformationen etwas zu tun, um negative Folgen für Einzelne, Gruppen und die Gesellschaft als Ganzes zu verhindern. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Fehlinformationen und Halbwahrheiten im Alltag zu begegnen.

So können Sie selbst es sich zur Angewohnheit machen, mit Informationen kritisch umzugehen. Plappern Sie nicht einfach nach, was Sie irgendwo aufgeschnappt haben, sondern prüfen Sie (vermeintliche) Fakten soweit möglich. Verbreiten Sie nichts weiter, von dem Sie nicht sicher wissen, dass es stimmt.

Um Fehlinformationen gar nicht erst Glauben zu schenken, ist es sinnvoll, sich generell gegen sie zu wappnen. Sie können lernen, manipulative Argumentationsmuster zu erkennen, und so Falschinformationen eher als solche enttarnen. In diesem Sinne kann es auch hilfreich sein, anderen Menschen klar zu machen, dass Informationen falsch sein können – zum Beispiel Berichte aus bestimmten Quellen. Studien haben gezeigt, dass Menschen kritischer mit angeblichen Wahrheiten umgehen, wenn sie wissen, dass sie nicht zutreffend sein müssen.

So können Sie falsche Informationen widerlegen

Wenn sich falsche Informationen schon festgesetzt haben, geht es darum, sie zu widerlegen. Das geht am besten mit detaillierten Argumenten, die die Korrektur glaubhaft machen. Machen Sie anderen klar, warum eine bestimmte Information nicht korrekt ist und was stattdessen richtig ist. Untermauern Sie Ihre Widerlegung nicht mit ausreichend Gegenargumenten, bleibt wahrscheinlich eher die Fehlinformation hängen – was wiederum einen Bumerang-Effekt bedingen könnte. Sie müssen also gut informiert sein, um glaubwürdig zu sein.

Wenn Sie ein Gegenargument aufbauen, ist es sinnvoll, mit dem (tatsächlichen) Fakt einzusteigen und im nächsten Schritt auf den Irrglauben einzugehen. Erklären Sie, warum es sich um einen Trugschluss handelt. Zum Schluss sollten Sie die zu Anfang genannte Tatsache noch einmal bestärken.

Im Umgang mit Menschen, die Fehlinformationen auf den Leim gegangen sind, ist es wichtig, sich auf die jeweilige Person einzustellen. Je besser Sie sich in sie hineinversetzen können, desto eher können Sie sie so ansprechen, wie es für sie am überzeugendsten ist.

Sie können dadurch auch Fehler vermeiden. Problematisch ist eine Korrektur falscher Informationen zum Beispiel, wenn die Positionen der beiden Gesprächspartner sehr weit voneinander entfernt sind und die andere Person das auch weiß. Dasselbe gilt, wenn die Argumente für die richtige Sichtweise schwach sind oder sich die andere Person manipuliert führt. Dann kann eine Reaktanz die Folge sein.

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