Dienst nach Vorschrift: Ursachen & Lösungsansätze

Eigene Ideen einbringen? Mehr machen als nötig? Dinge tun, die man nicht müsste? Das ist bei vielen Arbeitnehmern Fehlanzeige. Sie machen lieber Dienst nach Vorschrift. Was genau damit gemeint ist, welche Gründe es haben kann und was Arbeitgeber und Betroffene tun können, wenn das Engagement im Job auf Sparflamme läuft, erklären wir Ihnen hier.

Eine Frau ist genervt von der Arbeit, sie macht nur noch Dienst nach Vorschrift

Dienst nach Vorschrift: Was ist damit gemeint?

Dienst nach Vorschrift – die Rede ist häufig davon, aber was genau ist damit eigentlich gemeint? Wenn von Dienst nach Vorschrift gesprochen wird, hat das häufig einen negativen Beiklang. Dabei ist es eigentlich nicht unbedingt etwas Negatives und deutet auch nicht zwingend auf schlechte Leistungen im Job hin. Dienst nach Vorschrift heißt letztlich nichts anderes, als dass jemand genau das macht, was er laut Arbeitsvertrag tun soll. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Arbeitnehmer, die Dienst nach Vorschrift machen, erledigen nur das, was ihnen aufgetragen wird. Sie erfüllen ihr Soll, bringen sich darüber hinaus aber nicht übermäßig im Job ein. Sie äußern zum Beispiel keine eigenen Ideen oder bleiben freiwillig länger, damit noch mehr abgearbeitet wird. Die betroffenen Arbeitnehmer sind emotional meist nicht stark in ihren Job investiert und auch nicht besonders daran interessiert, dem Arbeitgeber durch ihr Engagement zu mehr Erfolg zu verhelfen.

Wenn Sie sich in dieser Beschreibung wiederfinden, sind Sie nicht allein: Tatsächlich macht die Mehrheit der deutschen Arbeitnehmer nur Dienst nach Vorschrift. Laut einer Gallup-Studie aus dem Jahr 2019 traf das nämlich auf 69 Prozent der Beschäftigten zu. Somit sind 25,59 Millionen Arbeitnehmer betroffen. Längst nicht alle, aber manche Betroffene haben innerlich gekündigt. Das betraf laut Gallup zuletzt sechs Millionen Arbeitnehmer in Deutschland – und damit 16 Prozent der Beschäftigten. Umgekehrt fühlten sich der Umfrage zufolge nur 15 Prozent ihrem Arbeitgeber sehr verbunden.

Manchmal ist Dienst nach Vorschrift sogar ein Zeichen für Streik, Stichwort Bummelstreik: Wenn Arbeitnehmer nicht streiken wollen oder dürfen, können sie ihre Bemühungen an der Arbeit als Zeichen der Solidarität mit Streikenden auf das Nötigste zurückfahren. Sie arbeiten dann etwa bewusst langsam. Der Arbeitgeber hat trotzdem nichts gegen sie in der Hand, weil sie ihren arbeitsvertraglichen Pflichten immer noch nachkommen.

Diese Anzeichen deuten darauf hin, dass Arbeitnehmer Dienst nach Vorschrift machen

Wenn jemand Dienst nach Vorschrift macht, kann sich das auf verschiedene Art und Weise äußern. Anzeichen für Dienst nach Vorschrift können etwa sein:

  • Ein Beschäftigter tut nur das Nötigste.
  • Er bringt keine eigenen Ideen ein.
  • Er ist nicht proaktiv, sondern wartet auf Anweisungen von oben.
  • Wer Dienst nach Vorschrift macht, hält sich in Meetings womöglich zurück und lässt die anderen machen.
  • Betroffene sind oft wenig einsatzbereit über ihre eigentlichen Arbeitszeiten und -inhalte hinaus.
  • Sie machen oft keine freiwilligen Überstunden und können zögerlich sein, wenn es darum geht, Kollegen Hilfe anzubieten.
  • Arbeitnehmer melden sich nicht freiwillig für Extra-Aufgaben oder besondere Projekte.
  • Betroffene Arbeitnehmer kommen womöglich nicht zu freiwilligen Team-Events.
  • Sie können auch eine negative Einstellung gegenüber ihrem Arbeitgeber haben.
  • Ein solcher Arbeitnehmer wirkt womöglich lustlos und mürrisch oder ist öfter schlecht drauf.
  • Pünktlich Feierabend machen ist ein weiteres Anzeichen für Dienst nach Vorschrift.

Dienst nach Vorschrift kann zum Beispiel so aussehen, dass ein Mitarbeiter morgens gerade rechtzeitig am Arbeitsplatz erscheint. Er erledigt dann die Aufgaben, die ihm übertragen wurden, macht zwischenzeitlich Pausen in dem Umfang, der ihm zusteht, und geht abends pünktlich. In Meetings meldet er sich selten zu Wort und wenn es um die Verteilung von zusätzlichen Aufgaben geht, lässt er Kollegen den Vortritt. Betroffene haben oft kein Interesse am beruflichen Aufstieg – oder aber das Gefühl, dass das bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber schwierig ist und sich ein entsprechender Einsatz nicht lohnt.

Arbeitnehmer, bei denen die negativen Einstellungen gegenüber der Arbeit so ausgeprägt sind, dass sie innerlich schon gekündigt haben, sind oft besonders häufig krankgeschrieben. Sie können auch gegenüber Kollegen andeuten, dass sie keine Lust mehr auf ihren Job haben, oder aber sich von Kollegen abkoppeln. Ihr Interesse an der Arbeit sinkt typischerweise, worunter ihre Leistung leiden kann.

Woran liegt es, wenn Beschäftigte nur noch Dienst nach Vorschrift machen?

Sind Arbeitnehmer, die „nur“ Dienst nach Vorschrift machen, von Natur aus faul? Hat der Arbeitgeber mit ihnen einfach Pech gehabt und hätte sich besser für andere Kandidaten entschieden? Oft ist das nicht der Fall. Das Engagement am Arbeitsplatz ist einerseits natürlich eine Frage der Persönlichkeit und Ambitionen der Beschäftigten. Andererseits haben Arbeitgeber großen Einfluss darauf, wie engagiert ihre Mitarbeiter sind. Sie geben die Rahmenbedingungen im Job vor, die motivierend oder demotivierend auf Mitarbeiter wirken können.

Der Arbeitgeber gibt zum Beispiel die Aufgaben vor. Er entscheidet darüber, wie viel Freiraum die Mitarbeiter haben, inwiefern sie Verantwortung übernehmen können und wie wohlwollend Ideen aus der Belegschaft aufgenommen werden. Er legt die Mitsprachemöglichkeiten der Beschäftigten fest und leitet sie in ihrer Arbeit an. Die Führungskräfte im Unternehmen beeinflussen damit durch ihren Führungsstil maßgeblich, wie ausgeprägt das Engagement ihrer Mitarbeiter im Job ist.

Gibt es also in einer Abteilung besonders viele Mitarbeiter, die Dienst nach Vorschrift machen, kann das auf Mängel in der Mitarbeiterführung hindeuten. Wenn jemand nur Dienst nach Vorschrift macht, betreibt der Chef vielleicht Mikromanagement. Das gibt Betroffenen das Gefühl, dass der Vorgesetzte kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten hat. Glauben sie darüber hinaus, dass eigener Input unerwünscht ist und Ideen im Zweifelsfall ohnehin nicht aufgegriffen werden, halten sich viele Arbeitnehmer lieber gleich zurück. Warum sollte man Extra-Aufwand im Job betreiben, wenn es nicht honoriert wird? Es kann auch sein, dass Betroffene keinen Sinn in ihrer Arbeit sehen, sich unter- oder überfordert fühlen oder durch monotone Tätigkeiten die Lust am Job verloren haben.

Mangelnde Wertschätzung als Grund für Dienst nach Vorschrift

Häufig können sich Beschäftigte, die nur das Nötigste tun, nicht mit ihrem Arbeitgeber identifizieren. Sie sind womöglich noch nicht lange dabei oder haben schon den nächsten Job ins Auge gefasst. Letzteres kann an mangelnden Aufstiegschancen im derzeitigen Unternehmen liegen. Wenn keine Perspektive da ist, stellen viele Beschäftigte ihre Bemühungen ein.

Mangelnde Wertschätzung ist häufig ein Faktor, wenn es zu Dienst nach Vorschrift kommt. Der Chef ist womöglich übermäßig kritisch, lobt selten, ist vielleicht launisch oder gar cholerisch oder verhält sich seinen Mitarbeitern gegenüber unfair. Vielleicht ist auch das Betriebsklima schlecht. Auch die Rahmenbedingungen der Arbeit können Engagement im Keim ersticken. Ein Beispiel ist die Kombination aus harter, wenig bereichernder Arbeit, mangelnder Wertschätzung und einem miesen Gehalt – es ist nicht verwunderlich, wenn Arbeitnehmer sich unter diesen Bedingungen nicht für den Job aufopfern.

Manchmal ist es gar nicht die Unzufriedenheit mit bestimmten Aspekten im Job, die zu Dienst nach Vorschrift führt, sondern es sind die Prioritäten im Leben. Viele Arbeitnehmer legen großen Wert auf ausreichend Freizeit, um genügend Zeit für sich, Freunde und Familie und Hobbys zu haben. Sie gehen dann womöglich pünktlich – nicht, weil sie ihren Job nicht mögen, sondern weil ihre freie Zeit begrenzt ist und die Arbeit auch noch am nächsten Tag erledigt werden kann.

Ist Dienst nach Vorschrift ein Kündigungsgrund?

Für Arbeitgeber ist es kein Grund zur Freude, wenn Mitarbeiter nur noch Dienst nach Vorschrift machen. Aber drohen den Betroffenen auch arbeitsrechtliche Konsequenzen? Können sie abgemahnt werden – oder droht gar eine Kündigung? Nein. Grundsätzlich müssen Sie bei Dienst nach Vorschrift keine Abmahnung oder gar Kündigung befürchten. Jedenfalls nicht, solange Sie im Job das tun, wozu Sie vertraglich verpflichtet sind. Indem Sie pünktlich gehen, nicht mehr tun als nötig oder auf Ihren Pausen bestehen, setzen Sie Ihren Job also nicht aufs Spiel.

Anders sieht es aus, wenn Sie Ihre Arbeit verweigern. Wenn Sie zum Beispiel Überstunden ablehnen, die der Chef angeordnet hat und zu denen Sie verpflichtet sind, kann das durchaus eine Abmahnung nach sich ziehen. Wichtig ist also, dass Sie Ihren Verpflichtungen in ausreichendem Maße nachkommen.

Was können Arbeitgeber tun, wenn Mitarbeiter nur noch das Nötigste machen?

Dienst nach Vorschrift bei den Mitarbeitern ist ein Problem für Unternehmen. Die Produktivität könnte schließlich besser sein, wenn die Beschäftigten sich stärker engagieren würden – ein Wettbewerbsnachteil also. Außerdem besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter abwandern, wenn sie im Job unzufrieden sind. Vielleicht überlegen Sie aber auch als Arbeitgeber, einem Mitarbeiter zu kündigen, der nur das Nötigste macht. Das sollten Sie aber gut überlegen – vor allem, wenn es nicht nur einen Beschäftigten betrifft.

Wenn Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift machen, hat das oft strukturelle Gründe. Arbeitgeber sollten deshalb überlegen, inwiefern sie selbst möglicherweise zum Problem beitragen. Versuchen Sie, die Gründe für das verringerte Engagement Ihrer Mitarbeiter in Erfahrung zu bringen. Ein persönliches Gespräch kann aufschlussreich sein. Vielleicht stellt sich dabei heraus, dass es etwas gibt, das Sie tun können, um den Mitarbeiter wieder stärker zu motivieren.

Besonders wichtig ist das Verhalten der Führungskräfte, um Dienst nach Vorschrift nach Möglichkeit zu verhindern. Sie sollten ihren Mitarbeitern gegenüber wertschätzend auftreten und individuell auf ihre Bedürfnisse und Charakteristika eingehen. Feedback sollte immer möglichst konstruktiv geäußert werden. Wichtig sind auch spannende, möglichst abwechslungsreiche Aufgaben, eine individuelle Förderung und gute Aufstiegschancen, ein gutes Betriebsklima und Transparenz über Entscheidungen und Vorgehensweisen.

Dienst nach Vorschrift: Tipps für betroffene Arbeitnehmer

Wenn jemand an der Arbeit Dienst nach Vorschrift macht, ist das nicht nur für Arbeitgeber ein Problem, sondern auch für die betroffenen Arbeitnehmer häufig frustrierend. Freude am Job haben sie wahrscheinlich wenig, müssen aber jede Woche viel Zeit an der Arbeit verbringen. Was kann man tun, wenn man die Lust an der Arbeit verloren hat?

Es kommt auf die Gründe dafür an, warum Sie Dienst nach Vorschrift machen. Angenommen, Sie mögen Ihren Job, Ihnen ist die Familie aber wichtiger. Sie wollen keine Karriere machen und sind mit Ihrer Situation zufrieden. Dann gibt es wahrscheinlich keinen Anlass, etwas zu verändern. Wenn der Job sicher ist und das Gehalt stimmt, macht ein Jobwechsel vor diesem Hintergrund vermutlich wenig Sinn.

Anders sieht es aus, wenn Sie sehr unzufrieden an der Arbeit sind. Dann sollten Sie versuchen, herauszufinden, woran es genau liegt. Könnten Sie positiv auf die Situation einwirken – zum Beispiel, indem Sie sich versuchsweise stärker einbringen, Ideen äußern oder aber ein offenes Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten führen? Falls das nichts bringt oder keine Option für Sie ist, kann es langfristig die beste Lösung sein, sich einen anderen Job zu suchen.

Bildnachweis: DexonDee / Shutterstock.com

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