Pflichtverletzung am Arbeitsplatz: Welche Folgen drohen?

In einem Arbeitsverhältnis haben sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer wechselseitige Rechte und Pflichten. Verletzt eine Seite Pflichten, die sich zum Beispiel aus dem Arbeitsvertrag oder gesetzlichen Vorgaben ergeben können, ist das nicht nur ärgerlich für die andere Seite, es kann für den Verursacher auch Folgen haben. Welche Konsequenzen auf eine Pflichtverletzung am Arbeitsplatz folgen können und wann es sich überhaupt um eine Pflichtverletzung durch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber handeln kann, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Ein Mann unterschreibt einen Arbeitsvertrag, aus diesem ergeben sich Pflichtverletzungen am Arbeitsplatz

Die Pflichten von Arbeitnehmern

Ein Arbeitsverhältnis ist immer mit Rechten und Pflichten verbunden, an die sich Arbeitnehmer ebenso wie Arbeitgeber halten müssen. Für Arbeitnehmer besteht die Hauptpflicht darin, ihre vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Im Gegenzug muss der Arbeitgeber ihnen den vereinbarten Lohn zahlen. Arbeitnehmer haben im Job außerdem eine Reihe von Nebenpflichten, die sich insbesondere aus dem Arbeitsvertrag, einer möglichen Betriebsvereinbarung und Gesetzen ergeben können.

Zu den Pflichten von Arbeitnehmern können unter anderem zählen:

  • Anzeigepflichten: Arbeitnehmer müssen etwa eine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzeigen, damit sich der Arbeitgeber darauf einstellen kann, oder sofort Bescheid sagen, wenn eine Maschine defekt ist
  • Sorgfaltspflicht, besonders im Umgang mit Geräten und Materialien, die der Arbeitgeber bereitstellt
  • Loyalitätspflicht und Treuepflicht, woraus sich etwa das Verbot ergibt, für einen unmittelbaren Konkurrenten des Arbeitgebers zu arbeiten
  • Pflicht zur Verschwiegenheit: Beschäftigte dürfen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unerlaubt an Dritte weitergeben
  • Pflicht, den Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten
  • Pflicht zu einer bestimmten Kleiderordnung
  • Pflicht, sich an bestimmte Arbeits- und Pausenzeiten zu halten

In der beruflichen Praxis kommt es immer wieder zu Pflichtverletzungen durch Arbeitnehmer. Eine Pflichtverletzung ist per Definition ein Verstoß gegen Pflichten, an die sich die betreffende Person halten muss. Sie kann vorsätzlich geschehen oder unbeabsichtigt sein, zum Beispiel, weil bestimmte Regeln nicht bekannt sind.

Pflichtverletzungen durch Arbeitnehmer: Beispiele

Was zählt alles zu den Pflichtverstößen, die Arbeitnehmer begehen können? Hier finden Sie einige Beispiele für Pflichtverletzungen durch Arbeitnehmer:

  • zu spät kommen, ohne dem Arbeitgeber Bescheid zu sagen
  • gar nicht zur Arbeit erscheinen, ohne sich arbeitsunfähig zu melden oder anderweitig zu entschuldigen
  • eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig beim Arbeitgeber einreichen
  • unsachgemäß mit Geräten oder anderem Eigentum des Arbeitgebers umgehen
  • am Arbeitsplatz (unerlaubt) Alkohol konsumieren oder alkoholisiert dort erscheinen
  • unerlaubte private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz
  • unerlaubte Nutzung des eigenen (privaten) Handys während der Arbeitszeit
  • unerlaubte Pausen, zum Beispiel Raucherpausen, die über die regulären Pausenzeiten hinausgehen
  • dem Arbeitgeber durch eine nebenberufliche Selbständigkeit Konkurrenz machen (sofern es keine Erlaubnis hierfür gibt)
  • den Arbeitsplatz zu früh verlassen
  • Weisungen des Arbeitgebers nicht folgen
  • Unerlaubte Weitergabe von internen Informationen an Dritte
  • Weigerung, bestimmte Tätigkeiten auszuführen

Diese Folgen drohen bei einer Pflichtverletzung von Arbeitnehmern

Begeht ein Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung, kann das nicht nur dazu führen, dass der Arbeitgeber verstimmt ist. Es kann auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Prinzipiell können die Folgen einer Pflichtverletzung für Arbeitnehmer eine Rüge, eine Abmahnung, eine ordentliche oder fristlose Kündigung sein. Praktisch kommt es darauf an, wie genau der Beschäftigte gegen seine Pflichten verstoßen hat und wie schwer sein Vergehen wiegt.

Eine Kündigung wäre nur durch eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zu rechtfertigen und ist selbst dann nicht immer ohne Weiteres möglich. Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter in der Regel abmahnen und ihm so die Gelegenheit zur Besserung geben. Der Arbeitnehmer hat dann in der Hand, ob es noch Grund für eine Kündigung durch den Arbeitgeber gibt oder nicht.

Angenommen, der Arbeitnehmer erscheint nicht zur Arbeit, meldet sich beim Arbeitgeber aber auch nicht krank, oder er erbringt seine Arbeitsleistung nicht wie vertraglich vereinbart. Bei einer solchen Pflichtverletzung gegen den Arbeitsvertrag muss der Arbeitgeber seinen Teil der Vereinbarung nicht mehr hochhalten, indem er dem Beschäftigten pünktlich sein volles Gehalt zahlt. Er kann den Lohn kürzen oder ihn ganz einbehalten, wenn der Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz erscheint. Der Arbeitgeber kann den Lohn allerdings nicht einbehalten, wenn ein Mitarbeiter „nur“ schlechte Arbeit liefert.

Schadensersatzforderungen als Folge einer Pflichtverletzung durch Arbeitnehmer

Die Folgen einer Pflichtverletzung von Arbeitnehmern können nicht nur arbeitsrechtlicher, sondern auch strafrechtlicher Natur sein. Je nach Situation kann der Arbeitgeber oder ein anderer Geschädigter Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitnehmer geltend machen. Es kann etwa sein, dass das Unternehmen wegen des Verhaltens eines Mitarbeiters Verluste gemacht hat, einen wichtigen Auftrag verloren hat oder Gewinneinbußen hinnehmen muss.

Praktisch kommt es bei der Arbeitnehmerhaftung allerdings darauf an, ob der Arbeitnehmer fahrlässig gehandelt hat oder nicht. Schadensersatzforderungen setzen ein schuldhaftes Verhalten des Beschäftigten voraus. Das bedeutet, dass er zumindest fahrlässig gehandelt haben muss. Auch bei Vorsatz kann sich ein Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig machen. Entsprechende Forderungen sind jedoch nur denkbar, wenn der Schaden in eindeutigem Zusammenhang mit dem Verhalten des Arbeitnehmers steht. Beweisen muss das der Geschädigte.

Handelt es sich beim Verhalten des Arbeitnehmers „nur“ um mittlere oder leichte Fahrlässigkeit, muss der Beschäftigte dafür entweder gar nicht haften oder nur teilweise.

In manchen Unternehmen gibt es eine Betriebsbußenordnung. Darin sind dann Sanktionen für bestimmte Pflichtverletzungen vorgesehen. In der Regel handelt es sich dabei um Strafen wie Geldbußen, Rügen oder Verwarnungen. Eine Kündigung ist in einer solchen Bußenordnung normalerweise nicht vorgesehen.

Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber

Auch der Arbeitgeber hat in einem Beschäftigungsverhältnis Pflichten, gegen die er verstoßen kann. Seine Hauptpflicht besteht darin, dem Arbeitnehmer rechtzeitig sein Gehalt in voller Höhe zu zahlen. Wie der Arbeitnehmer hat auch der Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis verschiedene Nebenpflichten. Sie können sich aus dem Arbeitsvertrag, den Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, einem anwendbaren Tarifvertrag oder gesetzlichen Regelungen ergeben.

Zu den Pflichten des Arbeitgebers gehören unter anderem:

  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
  • die Gewährung von Urlaubstagen im vertraglich vereinbarten beziehungsweise gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen
  • Berücksichtigung von gesetzlichen Bestimmungen, zum Beispiel zu zulässigen Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten
  • Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern, wozu unter anderem der Schutz vor Gefahren am Arbeitsplatz, der Schutz vor Mobbing und sexueller Belästigung gehört
  • Pflicht, die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abzuführen
  • Pflicht zur Gleichbehandlung der Mitarbeiter
  • Pflicht zur Beschäftigung der Arbeitnehmer

Auch durch Arbeitgeber geschehen immer wieder Pflichtverstöße. Das kann etwa der Fall sein, wenn es am Arbeitsplatz behebbare Sicherheitsmängel gibt, der Arbeitgeber dagegen aber nichts unternimmt. Auch ein Arbeitgeber, der trotz bekanntgewordener Mobbing-Vorwürfe im eigenen Team untätig bleibt, begeht eine Pflichtverletzung. Dasselbe gilt, wenn ein Unternehmen seine Mitarbeiter unerlaubt per Video überwacht oder sogar Tonaufnahmen anfertigt oder die Mitarbeiter länger arbeiten lässt als es das Arbeitszeitgesetz erlaubt.

Verdacht auf Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber: An wen kann man sich wenden?

Arbeitnehmer, die glauben, dass ihr Arbeitgeber eine Pflichtverletzung begeht, wissen oft nicht, wie sie darauf reagieren können und sollen. Erschwerend hinzu kommt das Machtungleichgewicht in einem Arbeitsverhältnis: Viele Beschäftigte machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz, wenn sie gegen eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers vorgehen.

Einfach hinnehmen sollten Sie eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers allerdings nicht – zumindest, wenn es sich um gravierende Verstöße handelt oder die Pflichtverletzungen sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Welche Optionen Sie haben, kommt darauf an, worum es bei den Pflichtverletzungen geht.

Generell haben Sie ein Recht darauf, dass der Arbeitgeber sich pflichtkonform verhält. Tut er das nicht, sondern verletzt seine Pflichten, können Sie ihn zur Erfüllung seiner Pflichten anmahnen. Ändert sich trotzdem nichts, kann es im Einzelfall gerechtfertigt sein, die Arbeit (vorübergehend) einzustellen und von Ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen. Das sollten Sie vorab ankündigen.

Besteht das Problem über längere Zeit, kommt nach einer gewissen Zeit oft auch eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Gegebenenfalls können Sie auch Schadensersatzansprüche stellen.

Der Betriebsrat als Ansprechpartner bei Problemen

Es ist sinnvoll, sich bei Problemen mit dem Arbeitgeber an den Betriebsrat zu wenden, sofern es in Ihrer Firma einen gibt. Dort können Sie sich hinsichtlich möglicher Schritte beraten lassen. Außerdem kann der Betriebsrat gegebenenfalls ein Gespräch mit dem Arbeitgeber führen und versuchen, die Angelegenheit zu klären.

Wenn es keinen Betriebsrat gibt, können Sie versuchen, den Arbeitgeber direkt auf seine Pflichtverletzung anzusprechen. Vielleicht war Ihrem Arbeitgeber gar nicht bewusst, dass er sich falsch verhalten hat, und die Angelegenheit lässt sich schnell beilegen. Zeigt sich der Arbeitgeber allerdings uneinsichtig, bleibt Ihnen nur, juristisch gegen ihn vorzugehen. Dazu sollten Sie sich von einem Fachanwalt beraten lassen.

Falls Sie Ihr Recht juristisch einfordern möchten, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass ein Rechtsstreit das Verhältnis zum Arbeitgeber stark belasten kann. Das heißt nicht, dass Sie Pflichtverletzungen des Arbeitgebers lieber stillschweigend hinnehmen sollten – bedenken sollten Sie die möglichen Auswirkungen Ihres Handelns aber.

Bildnachweis: Noiz Stocker / Shutterstock.com

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