Resilienz stärken: Auf welche Faktoren kommt es an?

Manche Menschen lassen sich durch nichts so leicht aus der Bahn werfen. Negative Entwicklungen treffen sie zwar nicht weniger hart als andere, aber sie lassen solche Erlebnisse schneller hinter sich und blicken nach vorne. Selbst Schicksalsschläge können sie überwinden. Das liegt an ihrer Resilienz. Was genau Resilienz ist, welche Resilienzfaktoren es gibt und wie Sie selbst resilienter werden können – hier erfahren Sie es.

Ein Mann ist optimistisch, er hat eine hohe Resilienz

Resilienz: Was ist das?

Was ist Resilienz? Der Duden definiert Resilienz als „psychische Widerstandskraft“, als „Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigungen zu überstehen“. Das Wort geht auf den lateinischen Begriff „resilire“ für „zurückspringen“ zurück. Resilienz bezeichnet auch Stoffe in der Materialkunde, die nach einer starken Spannung wieder in den ursprünglichen Zustand zurückspringen – zum Beispiel ein Radiergummi, das verbogen wird und anschließend wieder eine gerade Form annimmt.

So ähnlich ist es auch bei manchen Menschen: Ihnen bläst vielleicht ein harter Wind entgegen, sie erleben negative oder gar traumatische Dinge – aber sie schaffen es, sich anschließend wieder aufzurichten, nach vorne zu sehen und weiterzumachen. Resiliente Menschen haben die Fähigkeit, sich von negativen Erlebnissen nicht unterkriegen zu lassen und lassen sich davon nicht entmutigen.

Eine resiliente Figur ist zum Beispiel Aschenputtel, die so einiges ertragen muss, bis ihre Geschichte ein Happy End hat. Oder der südafrikanische Freiheitskämpfer Nelson Mandela, der 27 Jahre inhaftiert war, aber später der erste schwarze Präsident des Landes wurde. Albert Einstein ist ein weiteres Beispiel: Der spätere Nobelpreisträger konnte nicht sprechen, bis er fast vier Jahre alt war. Seine Lehrer sagten, er würde es nie zu viel bringen.

Resilienz bedeutet, sich nicht entmutigen zu lassen

Resilienz hat auch der Apple-Gründer Steve Jobs bewiesen: Mit 30 war er am Boden, nachdem er aus seiner eigenen Firma geworfen wurde. Später kam er zurück und hat Apple nicht nur auf Erfolgskurs gebracht, sondern auch entscheidend geprägt. Noch ein Beispiel für resiliente Persönlichkeiten gefällig? Oprah Winfrey, eine der bekanntesten US-amerikanischen Talkshow-Moderatorinnen, wurde einst von ihrem Job als Nachrichtensprecherin degradiert, weil sie angeblich „nicht geeignet fürs Fernsehen“ war.

Resilient ist auch jemand, der nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber den Mut nicht verliert und beharrlich einen neuen Job sucht. Oder der sich nach einem Unfall, bei dem er schwer verletzt wurde, zurück ins Leben kämpft. Resilienz ist auch der entscheidende Faktor, wenn jemand den Tod seines Partners verkraften muss, oder einen anderen nahen Angehörigen verliert.

Wozu ist Resilienz wichtig?

Resilienz ist eine äußerst nützliche Eigenschaft. Egal, wie sehr man es sich wünschen mag: Widrige Umstände werden einem im Job und dem Privatleben immer wieder begegnen. Manchmal muss man auch mit einem Schicksalsschlag umgehen oder erlebt eine traumatische Situation, die sehr belastend ist. Wer resilient ist, kann mit solchen negativen Erlebnissen konstruktiver umgehen. Er verliert sich nicht in negativen Gefühlen, sondern gibt nicht auf, bleibt beharrlich – und kann die negative Situation schneller hinter sich lassen als andere. Das heißt nicht, dass ein resilienter Mensch durch wirklich nichts aus der Bahn geworfen werden könnte. Aber seine Fähigkeit, sich wieder aufzurichten, ist ausgeprägter als bei anderen Menschen.

Resilienz kann helfen, positiver auf das eigene Leben zu blicken. Resiliente Menschen lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, was Stress vorbeugen und zu mehr Zufriedenheit führen kann. Resilienz hilft außerdem dabei, die eigenen privaten und beruflichen Ziele zu erreichen. Was jemand im Leben erreicht, ist oft nicht so sehr eine Frage von Kompetenzen und Talent, sondern von Beharrlichkeit und Widerstandsfähigkeit.

Resilienzfaktoren: Was beeinflusst die Resilienz eines Menschen?

Resilienz ist keine angeborene Eigenschaft. Gene scheinen zwar nach wissenschaftlichen Erkenntnissen durchaus eine Rolle dabei zu spielen: Besonders wichtig ist offenbar das Wachstum der Nervenzellen im Gehirn, was genetisch beeinflusst ist. Wenn diese Entwicklung optimal verläuft, ist man flexibler im Denken und kann damit vermutlich mit widrigen Umständen und Schicksalsschlägen besser umgehen.

Die Fähigkeit, resilient zu denken und zu handeln, ist das Resultat eines Lernprozesses, der sich aus der Interaktion mit anderen Menschen und der eigenen Umwelt ergibt. Auch die Erziehung spielt dabei eine Rolle, ebenso das, was andere Menschen einem vorleben und wie sie mit einem umgehen. Wenn man von wichtigen Bezugspersonen Rückhalt erfährt, ein Gefühl von Sicherheit und eine Bestärkung der eigenen Fähigkeiten, ist das eine gute Grundlage, um Resilienz zu entwickeln. Hilfreich sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auch beständige Beziehungen in der Kindheit, Jugend und im Erwachsenenalter.

Resilienz ist eine Frage der Persönlichkeit und der Einstellung zum Leben, wird aber auch durch die Kultur und Gesellschaft beeinflusst. Auch die eigene Umgebung und das persönliche Umfeld eines Menschen haben Einfluss darauf, wie resilient jemand ist.

Die 7 Säulen der Resilienz

Für Resilienz gibt es Risikofaktoren ebenso wie Schutzfaktoren. Risikofaktoren sind mögliche Belastungen, die einen Menschen aus der Bahn werfen können – zum Beispiel Konflikte mit anderen, Rückschläge beim Erreichen von Zielen, Krankheit, Schicksalsschläge und Stress. Dem stehen die Resilienzfaktoren als Schutzfaktoren entgegen. Sie wirken sich positiv auf die Widerstandsfähigkeit eines Menschen aus.

In der Wissenschaft existieren diverse Modelle, die Resilienzfaktoren benennen. Eines der bekanntesten Modelle ist das der 7 Säulen der Resilienz, das die US-amerikanischen Forscher Karen Reivich und Andrew Shatté maßgeblich geprägt haben. Es fasst die vielen verschiedenen Resilienzfaktoren in sieben grundlegenden Faktoren zusammen.

Resilienz lässt sich demnach an sieben Grundhaltungen und Praktiken festmachen:

  • Zu den Grundhaltungen resilienter Menschen zählt ihr Optimismus. Optimistische Menschen fokussieren sich eher auf das Positive und messen Rückschlägen keine übermäßig große Bedeutung zu. Sie glauben daran, dass sich die Dinge künftig wieder zum Besseren entwickeln können.
  • Akzeptanz ist ein weiterer Resilienzfaktor. Akzeptanz bedeutet, das anzunehmen, was man nicht beeinflussen kann. Das kann zum Beispiel heißen, dass man hinnimmt, dass sich ein Konflikt zumindest jetzt nicht lösen lässt. Auch Selbstakzeptanz gehört dazu.
  • Der dritte Resilienzfaktor ist Lösungsorientierung. Resiliente Menschen gehen konstruktiv an bestimmte Dinge heran und überlegen, wie sie diese zum Besseren verändern können. Dabei verschwenden sie keine Energie darauf, nach dem Schuldigen zu suchen, sondern wirken lieber auf gute Ergebnisse hin.
  • Zur Resilienz gehört auch Netzwerkorientierung. Das bedeutet, sich Menschen zu suchen, die einem guttun und die einen weiterbringen, statt schädliche Beziehungen zu anderen aufrechtzuerhalten. Es bedeutet auch, zu wissen, an wen man sich wenden kann, wenn man mentale Unterstützung braucht.
  • Resiliente Menschen haben die Opferrolle verlassen. Sie fokussieren sich stattdessen auf ihre Stärken und gehen die nötigen Schritte, um positiv eine bestimmte Situation positiv zu beeinflussen. Sie wissen, dass ihr Wohlbefinden von ihnen selbst abhängt.
  • Ein Resilienzfaktor ist es, Verantwortung zu übernehmen für die eigenen Gedanken, Verhaltensweisen und Gefühle. Das bedeutet, sich sowohl für positive als auch für negative Entwicklungen verantwortlich zu sehen, soweit man dafür Verantwortung trägt.
  • Der letzte Resilienzfaktor der 7 Säulen der Resilienz ist die Zukunftsplanung. Resiliente Menschen richten den Blick nach vorn, egal, was in der Vergangenheit passiert ist. Sie sehen die Zukunft als Chance und setzen sich Ziele, um ihre Wünsche zu verwirklichen.

Resilienztraining: So können Sie Ihre Resilienz stärken

Es ist möglich, die Fähigkeit zur Resilienz zu trainieren. Das geschieht am besten so früh wie möglich im Leben, aber es nie zu spät, um die eigene Resilienz zu stärken. Einen guten Anhaltspunkt, wo Sie im Resilienztraining ansetzen können, bieten Ihnen das Modell der 7 Säulen der Resilienz. Wer resilienter werden möchte, muss nicht nur sein Verhalten ändern, sondern vor allem seine Denkweise. Die 7 Säulen der Resilienz zeigen Ihnen, welche Aspekte dabei besonders elementar sind.

Wichtig ist zum Beispiel, dass Sie Verantwortung für Ihre Situation übernehmen. Viele Menschen sehen sich als Opfer der Umstände oder geben anderen Menschen die Schuld für ihre Lage. Das ist jedoch nicht zielführend. Natürlich werden Sie von äußeren Faktoren beeinflusst, die ihnen das Leben schwermachen können. Wie Sie damit umgehen, liegt jedoch an Ihnen. Ein Beispiel: Sie haben einen Chef, der zu Wutausbrüchen neigt und seine Mitarbeiter schikaniert. Das ist ohne Frage eine belastende Situation. Es zwingt Sie aber niemand dazu, sich Ihrem Schicksal zu ergeben – wenn nicht abzusehen ist, dass der Vorgesetzte bald weg ist, kann ein Jobwechsel die beste Option sein. Das ist zwar ein gravierender Schritt, kann aber die einzige tragfähige Lösung sein.

Wie widerstandsfähig jemand ist, hängt auch davon ab, ob er sich auf solide Beziehungen stützen kann. Bauen Sie also ein stabiles Beziehungsgeflecht auf, um ausreichend Bezugspersonen zu haben, mit denen Sie über alles reden können. Solche Menschen geben Ihnen Rückhalt und Zuversicht. Ihr Beistand kann enorm hilfreich sein und Ihre Resilienz stärken.

Entwickeln Sie ein positives Mindset

In Ihrer Grundhaltung sollten Sie offen und flexibel bleiben. So können Ihnen Veränderungen nicht so leicht etwas anhaben. Wichtig ist auch ein positives Mindset: Wenn Sie grundsätzlich positiv denken, werden Sie wahrscheinlich glücklicher und zufriedener sein. Dazu gehört es auch, negativen Dingen nicht zu viel Raum zu geben. Natürlich können und sollen Sie auch negative Gedanken zulassen, zum Beispiel nach einem belastenden Erlebnis. Wenn Sie das Ganze verarbeitet haben, sollten Sie es aber abhaken und nach vorne blicken. Um Ihren Blick auf die guten Dinge in Ihrem Leben zu schärfen, hilft Dankbarkeit: Sie können zum Beispiel ein Dankbarkeitstagebuch führen und jeden Tag kleinere und größere Dinge aufschreiben, die Ihr Leben bereichern.

Stress kann Ihre Widerstandsfähigkeit verringern, weshalb es wichtig ist, ihm entgegenzuwirken. Seien Sie gut zu sich und achten Sie auf einen gesunden Lebensstil mit ausreichend Schlaf und einer gesunden Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse. Bewegung ist ebenso hilfreich wie Entspannung. Nicht zuletzt sollten Sie auf eine klare Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben und eine gute Work-Life-Balance achten, damit der Stress nicht überhandnimmt.

Stärken Sie den Glauben an sich und Ihre Fähigkeiten. Dazu können Sie sich vor Augen führen, was Sie erreicht haben und was Sie gut können. Sie können auch nahestehende Menschen wie Ihren Partner oder Ihre besten Freunde fragen, was sie an Ihnen schätzen. Ein gutes Selbstwertgefühl ist wichtig, um Ihre Resilienz zu stärken.

Bildnachweis: Damir Khabirov / Shutterstock.com

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