Workaholic: Süchtig nach Arbeit

Vielleicht haben auch Sie einen Kollegen, der lieber arbeitet, statt pünktlich Feierabend zu machen und dem Erfolg im Job sehr wichtig ist. Je nachdem, wie ausgeprägt seine Arbeitsliebe ist, könnte es sich bei Ihrem Kollegen um einen Workaholic handeln. Woran Sie einen Workaholic erkennen und was Sie als Kollege oder Angehöriger tun können, um dem Workaholic zu helfen, erfahren Sie hier.

Ein Mann mit vielen Akten auf dem Schreibtisch, er ist ein Workaholic

Workaholic: Definition

Mit dem Begriff Workaholic bezeichnen wir Menschen, die gerne, lange und viel arbeiten. Im Duden findet sich zum Beispiel folgende Definition: „Jemand, der sich nur schwer von seiner Arbeit lösen kann, übermäßigen Genuss bei der Arbeit verspürt und sein Leben auf die Arbeit ausrichtet.“

Das klingt oberflächlich betrachtet nicht unbedingt schlecht. Schließlich sind Menschen, die auf der Arbeit viel Einsatz zeigen, häufig erfolgreich und beziehen höhere Gehälter.

Doch dieser Schein trügt. Denn der Workaholismus, so bezeichnet man die Krankheit, unter der ein Workaholic leidet, beschert mehr Probleme als Lösungen. Und nur weil man lange auf der Arbeit ist, heißt es leider noch lange nicht, dass man außergewöhnliche Leistungen bringt oder zu den High-Performern im Unternehmen zählt.

Das ist die Kehrseite des Workaholismus, mit dem viele Workaholics zu kämpfen haben: Man hält es nur für einen begrenzten Zeitraum durch, ein immenses Arbeitspensum zu stemmen. Eine Überbelastung führt sogar dazu, dass die Leistung auf der Arbeit abnimmt und sich Fehler einschleichen. Statt also in 50 Stunden de facto mehr zu schaffen als die Kollegen, die „nur“ 40 Stunden arbeiten, liefert man am Schluss oft sogar schlechtere Ergebnisse.

Diesen Leistungsabfall versuchen einige Workaholics durch noch mehr Überstunden zu kompensieren. Das funktioniert fast nie, weil die Belastung nur noch weiter zunimmt. Im schlimmsten Fall werden die Leistungen sogar noch schlechter, weil die nötige Erholung und der Abstand von der Arbeit fehlt.

Arbeitstier = Workaholic?

Fakt ist: Nicht jeder Arbeitnehmer oder Selbstständige, der gerne und viel arbeitet, ist ein Workaholic. Der Workaholismus, die Arbeitssucht, unterscheidet sich von herkömmlichem Arbeitseifer dadurch, dass er eine Krankheit ist und krankhaftes Verhalten nach sich zieht.

Zwar ist diese Form der Verhaltenssucht bisher noch nicht als Krankheit in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) anerkannt. Dennoch sind sich die meisten Experten einig, dass Workaholismus dieselben Kriterien erfüllt, die andere Verhaltenssüchte, wie zum Beispiel die Kaufsucht, auch aufweisen.

Workaholic: Die Symptome der Arbeitssucht

Typische Symptome, die ein Workaholic zeigt, sind zum Beispiel:

  1. Entzugserscheinungen: Wenn ein Workaholic nicht arbeiten kann, ist er gereizt, unruhig und hat hin und wieder sogar Schweißausbrüche, die auf die psychische Anspannung zurückgehen.
  2. Wunsch nach mehr: Um mit seiner Arbeitsleistung zufrieden zu sein, muss ein Workaholic immer mehr arbeiten. Reichen zu Beginn der Arbeitssucht noch fünf Überstunden pro Woche aus, um das Bedürfnis nach Arbeit zu stillen, werden es im Laufe der Zeit immer mehr.
  3. Verlust der Kontrolle: Workaholics merken selten, wie viel sie arbeiten und sind nicht in der Lage, die Anzahl ihrer Arbeitsstunden selbst zu begrenzen.
  4. Kaum Auszeit: Auch in der Freizeit findet der Workaholic keine Erholung. Vielmehr ist er auch am Wochenende und im Urlaub ständig mit dem Kopf bei der Arbeit und nicht selten über Telefon und E-Mail für den Arbeitgeber oder die Kunden erreichbar.
  5. Kaum Zeit für Privates: Langfristig leidet das private Umfeld unter dem großen Arbeitspensum des Workaholics. Denn dieser steckt jede freie Minute in seine Arbeit. Für die Familie oder Freunde bleibt immer seltener Zeit. In vielen Fällen wenden sich Freunde sogar gar vom Workaholic ab, da dieser kein Interesse mehr an der Freundschaft zu haben scheint.
  6. Kein Ausweg sichtbar: Selbst wenn dem Workaholic klar wird, dass er viel zu viel Zeit mit seiner Arbeit und viel zu wenig Zeit mit Familie und Freunden verbringt, kann er ohne Hilfe nur schwer etwas an dem Zustand ändern. Häufig ist er zu tief in seiner Arbeitssucht gefangen, um allein etwas dagegen unternehmen könnte.

Workaholic: Diese Ursachen kann der übertriebene Arbeitseifer haben

Einige Psychologen sehen eine mögliche Ursache des Workaholismus darin, dass ein Workaholic in seiner Kindheit nur dann Liebe und Anerkennung erfahren hat, wenn er besonders gute Leistungen zeigte. Dieses falsche Selbstverständnis wird im Erwachsenenleben auf die Arbeit übertragen. Workaholics fühlen sich nur dann gut und selbstbewusst, wenn sie viel arbeiten und mit ihrer Arbeit Erfolg haben.

Eine andere Erklärung nähert sich dem Phänomen aus neurobiologischer Sicht. Dieser Ansatz sieht die Ursache dafür, dass einige Menschen zu einem Workaholic werden, im limbischen System unseres Gehirns gelagert. Das limbische System ist auch als Belohnungszentrum bekannt. Wird es aktiviert, fühlen wir uns gut.

Gutes Essen oder die Befriedigung ganz grundlegender Bedürfnisse aktivieren unser Belohnungssystem. Forscher gehen davon aus, dass diese Aktivierung zur Arterhaltung beiträgt.

Das limbische System einiger Menschen scheint auch dann anzuspringen, wenn sie einen Arbeitsschritt abgeschlossen haben. Auch das gibt ihnen ein gutes Gefühl und verleiht ihnen Auftrieb. Bei Workaholics funktioniert das sogar so gut, dass sie immer wieder nach diesem Gefühl suchen und es durch immer mehr Arbeit hervorrufen möchten. Ein Workaholic ist also eine Person, die sich mit Arbeit belohnt.

Sie sind ein Workaholic: Was tun?

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie in letzter Zeit ein ungutes Verhältnis zu Ihrer Arbeit entwickelt haben und viel zu viel Zeit für Ihren Arbeitgeber opfern, ist der erste wichtige Schritt bereits getan. Auch die Behandlung der Arbeitssucht startet mit der Erkenntnis, dass man etwas ändern muss.

Ist der Entschluss gefasst, dass Sie zukünftig weniger arbeiten wollen, suchen Sie sich Unterstützung bei Freunden, Bekannten und vor allem den Kollegen. Bitten Sie zum Beispiel Ihre Kollegen darum, dass sie Sie darauf hinweisen, wenn Sie wieder viel zu viele Überstunden anhäufen und länger als nötig auf der Arbeit sind.

Ihre Familie und Freunde können Sie unterstützen, indem Sie Ihnen erlauben einzuschreiten, wenn Sie wieder zu viel arbeiten. Sie können zum Beispiel auch folgendes vereinbaren: Ein Mal pro Woche gibt es nach Feierabend einen festen Termin, an dem Sie sich mit Freunden zum Sport oder auf ein Feierabendbier treffen. Diesen Termin müssen Sie unbedingt einhalten. Auch dann, wenn Sie denken, dass Sie eigentlich noch viel auf der Arbeit zu erledigen hätten.

Nach Feierabend und am Wochenende sollten Sie außerdem Ihr Diensthandy ausschalten und dafür sorgen, dass Sie die nötige Erholung bekommen. Nur wenn Sie entspannen und neue Kraft tanken können, sind Sie im Job langfristig leistungsfähig.

Als Vorgesetzter sollten Sie außerdem versuchen, Aufgaben an Ihre Mitarbeiter zu delegieren. Die große Arbeitsbelastung vieler Manager kommt auch daher, dass sie es nicht schaffen, bestimmte Arbeitsschritte an Mitarbeiter abzugeben.

Dabei schlummert hier eine Win-Win-Situation: Sie haben weniger Arbeit und Ihr beauftragter Mitarbeiter fühlt sich wertgeschätzt. Denn Sie vermitteln ihm so, dass er die wichtige Arbeit ebenso gut ausführen kann wie Sie.

Sollten Ihnen diese Tipps nicht weiterhelfen, ist es ratsam, einen Fachmann aufzusuchen. Ein Arzt, Psychotherapeut oder Psychiater kann Sie dabei unterstützen, aus dem Teufelskreis des Workaholismus herauszufinden.

Workaholic als Angehörigen: Wie kann ich helfen?

Wenn einer Ihrer Angehörigen Symptome des Workaholismus zeigt, möchten Sie ihm sicherlich helfen. Oft ist das jedoch nicht einfach. Denn der Workaholic muss zunächst selbst einsehen, dass er Hilfe braucht. Sie können ihn natürlich auf dem Weg dorthin unterstützen. Wichtig ist dabei aber auch, dass Sie nicht selbst in eine Abwärtsspirale geraten und darüber verzweifeln, dass er sich so verhält, wie er es tut.

Um das zu verhindern, können Sie verschiedene Dinge tun:

  1. Unzufriedenheit erkennen: Erkennen Sie an, dass Ihr Angehöriger möglicherweise ein ungesundes Verhalten entwickelt hat. Reflektieren Sie aber auch ehrlich, ob Sie dem Problem ohne Unterstützung begegnen können. Ein Workaholic muss zunächst an den Punkt kommen, an dem er anerkennt, dass er Hilfe braucht. Bis es soweit ist, können Sie lediglich unterstützen.
  2. Eigenes Leben weiterführen: Konzentrieren Sie sich darauf, Ihr bisheriges Leben so gut es geht fortzusetzen. Machen Sie Dinge, die Ihnen Spaß machen, treffen Sie sich mit Freunden, gehen zum Sport oder in Konzerte. Wenn Ihr Angehöriger seine sozialen Kontakte vernachlässigt, heißt das nicht, dass Sie das auch machen müssen.
  3. Verantwortung übernehmen: Belasten Sie Ihren Angehörigen nicht zusätzlich damit, dass Sie Ihm ständig Vorwürfe machen. Auch wenn es sich so anfühlt, dass Ihr Leben besser sein könnte, wenn Ihr Angehöriger weniger arbeiten würde, haben Sie die Verantwortung für Ihr Leben immer noch selbst in der Hand. Machen Sie sich das bewusst und tun Sie das, was Ihnen Spaß macht – auch und geraden dann, wenn Ihr Angehöriger lieber arbeitet.

Bildnachweis: Tattoboo / Shutterstock.com

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