Zeitarbeit: Das sind die Vor- & Nachteile von Leiharbeit

Früher haben viele Arbeitnehmer jahrzehntelang für denselben Arbeitgeber gearbeitet. Heute ist das anders: Die Arbeitswelt ist flexibler als je zuvor und hat entsprechend flexible Beschäftigungsmodelle zutage befördert. Zeitarbeit oder Arbeitnehmerüberlassung, wie sie offiziell heißt, ist ein solches Modell. Wie funktioniert Zeitarbeit? Welche Regelungen sind wichtig? Und für wen kann es sich lohnen, als Leiharbeiter tätig zu sein? In unserem Überblick erfahren Sie es.

Ein Mann geht einem Job in der Industrie nach, er macht Zeitarbeit

Zeitarbeit: Was bedeutet das?

Wenn jemand einen neuen Job sucht, läuft es normalerweise so: Man schreibt (mindestens) eine Bewerbung, verschickt sie an einen möglichen Arbeitgeber und wird dann entweder zum Vorstellungsgespräch eingeladen oder nicht. Möchte man den Job wechseln, muss man rechtzeitig kündigen – und wieder Bewerbungen schreiben. Das ist bei Zeitarbeit anders.

Zeitarbeit heißt offiziell Arbeitnehmerüberlassung und ist auch unter der Bezeichnung Leiharbeit bekannt. Wer als Leiharbeiter tätig ist, schließt einen Vertrag mit einer Zeitarbeitsfirma. Solche Verträge sind häufig unbefristet. Für die Dauer der Zusammenarbeit entleiht die Zeitfirma als Verleiher den Beschäftigten immer wieder für kurze Einsätze an andere Arbeitgeber, die gerade Bedarf an dessen Arbeitskraft haben. Diese Firmen nehmen die Rolle des Entleihers ein.

Wie lange ein Einsatz bei Zeitarbeit dauert, hängt vom Bedarf des jeweiligen Arbeitgebers ab. Meist dauern sie nicht länger als drei Monate. Das Maximum liegt bei 18 Monaten. So ist es im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Tarifverträge können davon abweichende Regelungen vorsehen.

Wichtige Regelungen der Zeitarbeit

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regelt, wie Zeitarbeit praktisch ausgestaltet werden kann und welche Rahmenbedingungen beachtet werden müssen. Das Gesetz gibt Aufschluss über die wechselseitigen Rechte und Pflichten bei Leiharbeit.

Zeitarbeitsfirmen brauchen eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit, um Leiharbeiter verleihen zu dürfen. Vermittelte Leiharbeiter unterliegen den Weisungen der Entleiher, also der Betriebe, in denen sie tätig sind. Dabei spielt es keine Rolle, dass diese Firmen nicht die Arbeitgeber der Leiharbeiter sind.

Wer in Zeitarbeit beschäftigt ist, darf im Vergleich zu den übrigen Beschäftigten nicht benachteiligt werden. Grundsätzlich haben Leiharbeiter deshalb denselben Urlaubsanspruch, Kündigungsschutz und Arbeitsschutz wie direkt bei der Firma angestellte Kollegen. Auch in Bezug auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Arbeitszeiten, Pausen und Überstunden dürfen sie nicht ohne guten Grund schlechter gestellt werden als andere Mitarbeiter.

Typischerweise sind Zeitarbeitseinsätze von kurzer Dauer. Sie erstrecken sich selten über mehr als einige Monate. Überschreiten sie jedoch die höchstens zulässigen 18 Monate, ergibt sich zwischen dem Leiharbeiter und dem Entleiher automatisch ein Arbeitsverhältnis. Möchten die (ehemaligen) Leiharbeiter daran festhalten, brauchen sie lediglich eine entsprechende Erklärung abzugeben.

Wie viel Geld bringen Zeitarbeit-Jobs ein?

Welche Verdienstmöglichkeiten mit Zeitarbeit einhergehen, kann sich von Zeitarbeitsfirma zu Zeitarbeitsfirma stark unterscheiden. Es kommt nicht nur darauf an, was die jeweilige Zeitfirma bereit ist zu zahlen, sondern auch auf die Branche und den Job an sich. Die Qualifikationen des Leiharbeiters können ebenfalls eine Rolle spielen. Der jeweilige Lohn muss auch gezahlt werden, wenn es gerade keine Einsatzmöglichkeit für den Leiharbeiter gibt.

Generell sind Firmen verpflichtet, Leiharbeitern mindestens den Mindestlohn zu zahlen. Leiharbeiter haben wie andere Arbeitnehmer Anspruch auf eine entsprechende Bezahlung. Für die Arbeitnehmerüberlassung gibt es außerdem spezielle Lohnuntergrenzen. Sie ergeben sich aus der Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung, kurz LohnUGAÜV. Die Fünfte Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung ist noch bis Ende März des Jahres 2024 gültig und regelt die Mindest-Entgelte bei Zeitarbeit pro Stunde wie folgt:

  • Leiharbeiter in allen Bundesländern haben Anspruch auf einen Lohn von mindestens 13 Euro pro Stunde (gültig vom 1. April 2023 bis 31. Dezember 2023).
  • Ab dem 1. Januar 2024 müssen Leiharbeiter in allen Bundesländern mindestens 13,50 Euro pro Stunde erhalten.

Häufig sind zudem Branchenmindestlöhne, die in Tarifverträgen vorgesehen sind, relevant. Gelten sie im jeweiligen Bereich, können sich auch Leiharbeiter darauf berufen.

Längere Einsätze, höheres Gehalt?

Damit Zeitarbeit nicht mit Lohndumping einhergeht, gibt es Equal-Pay-Grundsätze, die für Leiharbeit gelten. Equal Pay bedeutet, dass Leiharbeiter grundsätzlich Anspruch auf eine Entlohnung in selber Höhe wie vergleichbare Kollegen haben. Praktisch können sie das aber erst nach neun Monaten im selben Entleihbetrieb einfordern. Auch mehrere Einsätze beim selben Entleiher können dazu führen, dass Leiharbeiter Anspruch auf denselben Lohn wie Kollegen haben, wenn zwischen den Einsätzen je höchstens drei Monate liegen.

Zeitarbeitsfirmen dürfen Leiharbeiter schlechter bezahlen als die Stammbelegschaft im Entleihbetrieb, wenn sie ihnen ab der sechsten Woche einen Branchenzuschlag zum Tariflohn gewähren. In diesem Fall haben Leiharbeiter erst nach 15 Monaten Anspruch auf dasselbe Gehalt wie Kollegen vor Ort. So lange dauern jedoch die wenigsten Zeitarbeitseinsätze, wodurch Leiharbeiter praktisch schlechter gestellt sind.

Welche Jobs kann man über Zeitarbeit ausüben?

Prinzipiell ist die Arbeitnehmerüberlassung in allen Berufen und Branchen möglich. In der Praxis werden Leiharbeiter aber in manchen Bereichen verstärkt eingesetzt und in anderen gar nicht. Viele Entleihfirmen sind in der Metallindustrie oder der Elektroindustrie tätig. Sie benötigen dann in arbeitsintensiven Phasen zeitweise Unterstützung. Weitere typische Bereiche, in denen Leiharbeit üblich ist, sind Sicherheit, Verkehr, Logistik und Dienstleistungen.

Wer als Leiharbeiter arbeiten möchte, sollte also bestenfalls erste Kompetenzen in den jeweiligen Bereichen mitbringen. Auch gering qualifizierte Beschäftigte haben aber grundsätzlich gute Chancen. Viele Einsätze im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sind nicht mit hohen Anforderungen an den Leiharbeiter verbunden. Oft ist kein Vorwissen im jeweiligen Bereich nötig, sondern der Leiharbeiter wird lediglich eingearbeitet. Es gibt aber auch Entleihfirmen, die ein spezielles Profil suchen, wenn sie Arbeitskräfte von einer Zeitarbeitsfirma entleihen.

Welche Vor- und Nachteile hat Zeitarbeit?

Zeitarbeit hat nicht den besten Ruf. Bevor Sie sich jedoch vorschnell gegen eine Tätigkeit als Leiharbeiter entscheiden, sollten Sie die wichtigsten Vor- und Nachteile kennen, die mit der Arbeitnehmerüberlassung verbunden sind.

Vorteile von Zeitarbeit

  • Wer beruflich gerne flexibel ist, für den kann Zeitarbeit eine gute Option sein: Für zeitlich begrenzte Tätigkeiten ist es nicht nötig, immer wieder den Arbeitgeber zu wechseln. Der Wechsel von Jobs bei Leiharbeit ist unkompliziert, weil Sie formell immer beim selben Arbeitgeber bleiben. Es ist also nicht nötig, Bewerbungen zu verschicken und neue Arbeitsverträge zu schließen.
  • Als Leiharbeiter werden Sie von der Zeitarbeitsfirma auch bezahlt, wenn es gerade keine Arbeit für Sie gibt. Das bietet eine gewisse Sicherheit – ebenso wie der zumeist unbefristete Arbeitsvertrag.
  • Wer kaum Qualifikationen vorweisen kann, hat es bei Bewerbungen oft schwer. Bei der Zeitarbeit stellt das aber in der Regel keine Hürde dar. Auch Langzeitarbeitslose können über die Arbeitnehmerüberlassung den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen.
  • In solchen Fällen kann es über Zeitarbeit auch gelingen, wieder regulär am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und eine Anstellung in einer Firma zu finden. Im besten Fall gelingt das direkt beim Entleihbetrieb.
  • Vorteilhaft können auch die Beziehungen sein, die Leiharbeiter während ihrer verschiedenen Einsätze knüpfen. Durch die häufigen Wechsel ergeben sich viele Kontakte, die sich als nützlich erweisen können – zum Beispiel bei späteren Bewerbungen.

Nachteile von Zeitarbeit

  • Die Bezahlung bei der Arbeitnehmerüberlassung ist meist nahe dem Mindestlohn angesiedelt.
  • Wer gerne längerfristig plant, für den ist Leiharbeit womöglich nicht das Richtige. Zeitarbeit ist wenig planbar – Sie wissen schließlich in der Regel nicht, wo Sie im nächsten halben Jahr arbeiten werden.
  • Die typischen kurzen Arbeitseinsätze der Zeitarbeit mögen bei Jobs, die sich als wenig attraktiv herausstellen, ein Vorteil sein. Haben Sie sich aber gut ins Unternehmen eingefunden, mögen ihre Tätigkeit und die Kollegen und müssen dann nach kurzer Zeit wieder gehen, kann das auch ein Nachteil sein.
  • Nicht jedem fällt die ständige Umgewöhnung in immer neuen Firmen und Tätigkeiten leicht.
  • Viele Leiharbeiter hoffen auf eine Übernahme durch Entleihbetriebe. Das ist zwar immer eine Möglichkeit, entspricht aber oft nicht der Realität. So kann es über lange Zeit bei den ständig wechselnden Arbeitseinsätzen bleiben, was frustrierend sein kann.
  • Auch die Tätigkeiten selbst, die für Zeitarbeit typisch sind, entsprechen nicht immer den Vorstellungen der Leiharbeiter. Oft gehen mit der Arbeitnehmerüberlassung körperlich anstrengende oder monotone Aufgaben einher.

Lohnt sich Zeitarbeit?

Ob Leiharbeit lohnenswert ist, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Angenommen, Sie haben beste Qualifikationen vorzuweisen und rechnen sich auf dem Arbeitsmarkt prinzipiell gute Chancen aus. Dann sind Sie auf einen Job als Leiharbeiter nicht angewiesen. Womöglich finden Sie einen besseren Job mit einer höheren Bezahlung, wenn Sie sich ohne Zeitarbeitsfirma um eine neue Position bemühen. Andererseits kann auch in diesem Fall Zeitarbeit sinnvoll sein, wenn Sie schon wissen, dass Sie in einem bestimmten Zeitraum beruflich flexibel bleiben möchten und deshalb ganz bewusst rasch wechselnde Jobs suchen.

Viele Leiharbeiter haben hingegen auf dem normalen Arbeitsmarkt keine guten Aussichten. Ihnen mangelt es etwa an Abschlüssen oder an Berufserfahrung. In diesem Fall kann Zeitarbeit durchaus eine gute Idee sein. Sie können darüber wieder Fuß am Arbeitsmarkt fassen, neue Kontakte knüpfen und wertvolle Erfahrungen sammeln. Leiharbeit kann auch einen Weg aus der Arbeitslosigkeit darstellen.

Auch für Migranten kann die Arbeitnehmerüberlassung Vorteile bieten. Selbst hochqualifizierte Fachkräfte haben mitunter auf dem Arbeitsmarkt schlechte Karten, weil ihr ausländischer Abschluss nicht anerkannt wird. Zeitarbeit kann dann eine Möglichkeit darstellen, schnell Arbeit zu finden und zu beweisen, was man kann. Spätere Bewerbungen sind mit einer solchen Erfahrung im Lebenslauf leichter.

Zeitarbeit: Gut oder schlecht für die Karriere?

Für viele Menschen ist Zeitarbeit nur eine vorübergehende Notlösung. Nicht jeder empfindet die Arbeitnehmerüberlassung als attraktives Job-Modell – aber ist es auch eines, das die Chancen bei Bewerbungen verschlechtern kann? Anders ausgedrückt: Macht sich Zeitarbeit schlecht im Lebenslauf und kann damit ein Hindernis für die Karriere sein?

Es kommt darauf an – auf die Haltung möglicher Arbeitgeber, die Zeitarbeit im Lebenslauf eines Bewerbers entdecken, aber auch auf die sonstigen Qualifikationen des (ehemaligen) Leiharbeiters. Der Gesamteindruck, den Ihr Lebenslauf mit Zeitarbeit und anderen Erfahrungen hinterlässt, ist entscheidend. Sind Sie prinzipiell qualifiziert, wird sich kaum ein Arbeitgeber an einer kurzen Episode der Zeitarbeit stören.

Wer hingegen viele Lücken im Lebenslauf hat und wem es an formellen Qualifikationen mangelt, dessen Lebenslauf wird wahrscheinlich ohnehin kritischer beäugt werden. Auch dann ist Zeitarbeit aber selten der entscheidende Faktor, der zu Absagen bei Bewerbungen führt.

Jobsuche: Wann Zeitarbeit ein Vorteil sein kann

In manchen Fällen ist Zeitarbeit kein Hindernis, sondern sogar ein Turbo für die Karriere. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie von einem Entleihbetrieb übernommen werden. Das ist als Klebeeffekt bekannt. Durch Zeitarbeit bekommen viele Menschen mit geringen Qualifikationen überhaupt erst den Fuß in die Tür. Wer sich gut macht, kann einen wenig überzeugenden Lebenslauf kompensieren und die eigenen Fähigkeiten praktisch unter Beweis stellen.

Nicht zuletzt kann Leiharbeit auch als Beleg für bestimmte Soft Skills herangezogen werden. Wenn Sie als Leiharbeiter tätig sind, beweisen Sie schließlich Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Sie sind es gewohnt, sich in kurzen Abständen immer wieder an veränderte Umstände und Tätigkeiten anzupassen. Das kann durchaus ein Vorteil aus Sicht von Arbeitgebern sein.

Bildnachweis: GolF2532 / Shutterstock.com

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