Erste Tätigkeitsstätte: Kriterien & Auswirkungen

Die erste Tätigkeitsstätte ist ein wichtiger Begriff aus dem Steuerrecht, der sich auf die Berechnung von Werbungskosten auswirkt. Hier erfahren Sie, was beim Thema wichtig ist, darunter: Wann hat man eine erste Tätigkeitsstätte? Worauf kommt es bei der Festlegung an? Und wie kann man berufliche Fahrten korrekt von der Steuer absetzen?

Frau arbeitet im homeoffice als erste taetigkeitsstaette

Erste Tätigkeitsstätte – was heißt das eigentlich?

Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte? Die Antwort auf diese Frage kann in steuerlicher Hinsicht von Bedeutung sein. In erster Linie hat sie Auswirkungen darauf, wie Werbungskosten berechnet werden und wie Fahrtkosten steuerlich geltend gemacht werden können. Gemeint ist der örtliche Mittelpunkt der Arbeit von Beschäftigten. Das ist der Ort, an dem jemand regelmäßig und dauerhaft tätig ist.

Die Kriterien, anhand derer sich entscheidet, wo die erste Tätigkeitsstätte liegt, legt das Einkommensteuergesetz (EStG) fest. Dabei kommt es nicht nur auf den tatsächlichen Tätigkeitsort an, sondern auch auf die arbeitsrechtliche oder organisatorische Zuordnung durch den Arbeitgeber. Relevant ist dabei, in welchen Betrieb oder welche Einrichtung ein Beschäftigter eingegliedert ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob jemand jeden Tag dort arbeitet.

Früher war in diesem Zusammenhang häufig von der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ die Rede, seither wurde gesetzlich der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte geprägt. Dadurch sollte mehr Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen werden. Dabei war die regelmäßige Arbeitsstätte in erster Linie von den tatsächlichen Gewohnheiten von Beschäftigten abhängig, während die erste Tätigkeitsstätte sich an formalen Zuordnungen und betrieblichen Strukturen orientiert.

Die Abgrenzung der ersten Tätigkeitsstätte zur regelmäßigen Arbeitsstätte oder dem Arbeitsplatz im Homeoffice wird in Zeiten von flexiblen Arbeitsorten bedeutsamer. Nicht jedes heimische Arbeitszimmer oder jeder Einsatz bei Kunden kann dabei automatisch als erste Tätigkeitsstätte gesehen werden. Entscheidend ist es, wo der steuerliche Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit liegt.

Welche Kriterien bestimmen über die erste Tätigkeitsstätte?

Was bestimmt darüber, welcher Arbeitsort als erste Tätigkeitsstätte gilt? Das ist nicht willkürlich, sondern im Einkommensteuergesetz (EStG), genauer § 9 Absatz 4 EStG, geregelt. Im Kern geht es darum, welchen Arbeitsort der Arbeitgeber zuordnet. Er legt fest, zu welchem Betrieb ein Beschäftigter dauerhaft gehört. Die Zuordnung wird häufig im Arbeitsvertrag dokumentiert, sie kann sich aber auch aus der internen Organisation oder einer Verfügung ergeben.

Entscheidend ist die rechtliche und organisatorische Eingliederung und nicht so sehr, wann jemand wo anwesend ist. Das heißt konkret: Wo jemand tatsächlich anwesend ist, bestimmt nicht automatisch darüber, was als erste Tätigkeitsstätte gilt. Beschäftigte können etwa regelmäßig an einem bestimmten Ort arbeiten und trotzdem formal eine andere erste Tätigkeitsstätte haben.

Ein Kriterium für die Einordnung als erste Tätigkeitsstätte ist außerdem die dauerhafte Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung, die ortsfest ist. Ortsfest sind betriebliche Einrichtungen von Unternehmen, die fest an einem bestimmten Ort bestehen. Das kann eine Filiale oder Niederlassung sein, der Sitz einer Behörde oder eine Werkstatt. Die Zuordnung gilt als dauerhaft, wenn sie unbefristet, für mehr als 48 Monate oder die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gilt. Die erste Tätigkeitsstätte ist demgegenüber nicht der Ort, an dem jemand nur vorübergehend tätig wird, zum Beispiel im Rahmen eines Projekts.

Ebenso kommt es darauf an, wo der qualitative Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit liegt. Ohne eindeutige Zuordnung durch den Arbeitgeber wird dieser Aspekt besonders relevant: Dann ist entscheidend, wo der inhaltliche Schwerpunkt der Tätigkeit liegt. Gemeint ist der Arbeitsort, an dem jemand hauptsächlich tätig ist und seinen wesentlichen Aufgaben nachgeht. Diese Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte für Steuer und Co kann bei komplexen Beschäftigungssituationen herangezogen werden.

Wie sich die Tätigkeitsstätte auf die Fahrtkosten auswirkt

Was als erste Tätigkeitsstätte gilt, hat Auswirkungen auf die Steuer, genauer auf die Absetzbarkeit von Fahrtkosten zur Arbeit. Die Fahrt zur Arbeit kann steuerlich im Rahmen der Werbungskosten geltend gemacht werden. Das geht über die Entfernungspauschale, besser bekannt als Pendlerpauschale. Der einfache Fahrtweg zwischen dem eigenen Zuhause und dem Arbeitsplatz kann in der Steuererklärung angegeben werden, allerdings gilt das nur für die offizielle erste Tätigkeitsstätte. Die Strecken können mit je 30 Cent pro Kilometer, ab dem 21. Kilometer mit 38 Cent angegeben werden. Fahrten zu wechselnden Einsatzorten, etwa bei Kunden oder im Homeoffice, fallen nicht darunter.

Wenn jemand beruflich an unterschiedlichen Orten tätig ist, die nicht als erste Tätigkeitsstätte zählen, handelt es sich rechtlich gesehen um Dienstreisen. Dafür gelten Regelungen zu Reisekosten. Ob und in welcher Höhe die Kosten in der Steuererklärung angegeben werden können, hängt von den Umständen der Reise(n) ab. Wenn Sie mit dem eigenen Auto unterwegs sind, können Sie entweder eine Kilometerpauschale für Dienstfahrten (die sogenannte Dienstreisepauschale) nutzen oder aber die Kilometer im Detail einzeln abrechnen.

Fahrtkosten steuerlich geltend machen bei Dienstreisen

Wie viel der Staat als Steuervorteil gewährt, hängt dabei von der Art des Fahrzeugs ab. Für Autos sind es 30 Cent pro Kilometer, und zwar anders als bei der Entfernungspauschale sowohl für den Hinweg als auch den Rückweg. Bei anderen motorbetriebenen Fahrzeugen wie Motorrädern oder Motorrollern können 20 Cent pro Kilometer geltend gemacht werden. Für Fahrradfahrer gibt es nichts zurück. Bei Dienstreisen können Arbeitnehmer neben den Fahrtkosten auch Mehraufwendungen für die Verpflegung und Übernachtungskosten in der Steuererklärung angeben.

Besondere Regeln ergeben sich für Beschäftigte, die zu einem Sammelpunkt fahren (etwa im Rahmen einer Fahrgemeinschaft oder bei einer Abholung durch den Arbeitgeber) oder die in einem weiträumigen Gebiet tätig sind, zum Beispiel beim Außendienst oder einer Tätigkeit auf Baustellen. Hier kommt es auf die Art der Tätigkeit an: Sie entscheidet darüber, ob die Fahrtkosten über die Pendlerpauschale oder als Reisekosten angesetzt werden können. Ortsfeste Arbeitsplätze sind dabei in der Regel mit der Entfernungspauschale verknüpft, während Reisekostenregelungen eher für wechselnde Einsatzorte gelten. In letzterem Fall gibt es steuerlich oft keine erste Tätigkeitsstätte in Form einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung, der Beschäftigte zugeordnet sind.

Besonderheiten bei Homeoffice und Telearbeit

Viele Arbeitnehmer arbeiten im Homeoffice oder mobil. Das ist praktisch, kann aber in steuerlicher Hinsicht Herausforderungen mit sich bringen – weil die Einstufung oft nicht so trennscharf möglich ist. Kann die erste Tätigkeitsstätte das Homeoffice sein? Normalerweise ist das nicht der Fall, denn es handelt sich dabei nicht um eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers.

Anders kann die Situation aussehen, wenn der Arbeitgeber den heimischen Arbeitsplatz ausdrücklich als betriebliche Einrichtung anerkennt und der betreffende Mitarbeiter dauerhaft dort tätig ist. In so einem Fall kann eine Ausnahme gelten, praktisch ist das jedoch selten.

Was also, wenn Beschäftigte regelmäßig im Homeoffice arbeiten und nur hin und wieder ins Büro fahren? Ist das Büro offiziell die erste Tätigkeitsstätte, können die Fahrtkosten nur über die Pendlerpauschale steuerlich geltend gemacht werden. Ist das Büro hingegen nicht die erste Tätigkeitsstätte, sind Fahrten dorthin als Dienstreisen zu werten. Das ist praktisch für Arbeitnehmer, die in diesem Fall 30 Cent je gefahrenem Kilometer von der Steuer absetzen können, und zwar für den Hin- und Rückweg.

Viele Beschäftigte arbeiten weder dauerhaft im Büro noch ausschließlich im Homeoffice, sondern kombinieren beides in einem Hybridmodell. In solchen Fällen ist die dauerhafte arbeitsrechtliche Zuordnung ausschlaggebend. Bei Unsicherheiten ist es sinnvoll, beim Vorgesetzten nachzufragen, was gilt.

Doppelte Haushaltsführung und die Folgen für die Festlegung der Tätigkeitsstätte

Die doppelte Haushaltsführung ist eine Steuerregelung für Arbeitnehmer, die aus beruflichen Gründen zwei Haushalte führen. Für die Anerkennung kommt es darauf an, dass die betreffenden Personen an ihrem Beschäftigungsort eine erste Tätigkeitsstätte haben. Zugleich müssen sie an ihrem Hauptwohnsitz, wo ihre eigentliche Wohnung oder ihr eigentliches Haus ist, einen eigenen Haushalt führen. Entscheidend ist, dass die zweite Wohnung aus beruflichen Gründen erforderlich ist. Das setzt in der Regel eine hinreichende Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort voraus, durch die ein tägliches Pendeln nicht zumutbar wäre.

Steuerlich können in solchen Fällen verschiedene Kosten geltend gemacht werden. Das gilt beispielsweise für die Miete und Nebenkosten der Zweitwohnung. Sie können als Werbungskosten angegeben werden. Abzugsfähig sind unter bestimmten Voraussetzungen auch Kosten, die für die Einrichtung entstanden sind, und Heimfahrten zum eigentlichen Wohnort. Eine Heimfahrt pro Woche wird in der Regel vom Finanzamt anerkannt; sie kann mit der Entfernungspauschale berechnet werden. 

Abzugsfähig können darüber hinaus Mehraufwendungen für die Verpflegung am zweiten Wohnort sein. Bei der Steuer kommt es darauf an, dass die angegebenen Kosten in einem direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Um das bei Bedarf nachweisen zu können, sollten Dokumente wie Mietverträge, Nebenkostenabrechnungen oder Fahrtkosten aufbewahrt werden.

Fallstricke in der Steuererklärung: Häufige Fehler & wie man sie vermeidet

Wenn es um den Arbeitsort geht, kann man in der Steuererklärung leicht Fehler machen – zum Beispiel bei der Angabe von Fahrtkosten oder der Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte. Schon kleine Fehler und Versäumnisse können dazu führen, dass bestimmte Ausgaben vom Finanzamt nicht anerkannt werden. So können sich ungewollt steuerliche Nachteile ergeben.

Ein häufiger Fehler ist zum Beispiel die Angabe von Fahrten zur Arbeit als Reisekosten, obwohl eigentlich die Entfernungspauschale genutzt werden müsste. Umgekehrt wäre es besonders ärgerlich aus Sicht von Beschäftigten, wenn tatsächliche Dienstreisen nur mit der Pendlerpauschale angesetzt würden, obwohl in diesem Fall sowohl der Hin- als auch der Rückweg geltend gemacht werden kann.

Um Fehler zu vermeiden, ist es wichtig, die eigenen Rechte, aber auch geltende Steuerregelungen zu kennen. Arbeitnehmer müssen zum Beispiel wissen, wo ihre erste Tätigkeitsstätte liegt, und sollten sämtliche Fahrten im Detail dokumentieren, um sie später in der Steuererklärung angeben zu können. Auf diese Weise können sie dafür sorgen, dass Fahrtkosten ordnungsgemäß geltend gemacht werden können. Eine sorgfältige Prüfung ist besonders bei hybriden Arbeitsmodellen oder Telearbeit wichtig – hier ist oft nicht klar, wo die erste Tätigkeitsstätte liegt.

Nicht immer lassen sich sämtliche Fehler vermeiden. Die gute Nachricht für Arbeitnehmer: Manche Fehler können noch nachträglich korrigiert werden. Wenn es noch keinen gültigen Steuerbescheid gibt, können Betroffene innerhalb eines Monats Einspruch dagegen einlegen. Bei bereits rechtskräftigen Bescheiden kann mitunter ein Antrag auf schlichte Änderung gemäß § 172 Abgabenordnung (AO) oder Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 AO gestellt werden.

Im Zweifel ist es sinnvoll, sich direkt an das Finanzamt zu wenden oder sich von einem Steuerberater beraten zu lassen. Bei jeglichen Fehlern ist es wichtig, möglichst frühzeitig aktiv zu werden – so kann der Fehler oft noch wieder ausgebügelt werden.

Fazit: Die erste Tätigkeitsstätte – ein entscheidender Faktor

  • Bei der ersten Tätigkeitsstätte handelt es sich um den Arbeitsort, den der Arbeitgeber festgelegt hat. Arbeitnehmer sind dort nicht nur tätig, die betreffende Einrichtung markiert auch den steuerlichen Mittelpunkt ihrer Arbeit.
  • Die korrekte Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte bestimmt darüber, wie Fahrtkosten in der Steuererklärung geltend gemacht werden können, was sich auf die Steuerlast von Arbeitskräften auswirkt.
  • Es ist wichtig, die eigene Situation genau zu prüfen und sämtliche Wege im Detail zu dokumentieren. Das hilft, Fehler bei der Steuererklärung zu vermeiden und sich keine steuerlichen Vorteile entgehen zu lassen.
  • Durch den Trend zur Arbeit im Homeoffice, Telearbeit und zu hybriden Modellen kann die steuerliche Einordnung des Arbeitsorts komplexer werden. Zentral bleibt jedoch die Zuordnung des Arbeitgebers.
  • Arbeitsmodelle können sich ebenso verändern wie steuerliche Rahmenbedingungen, weshalb es für Arbeitnehmer wichtig ist, ihre Situation regelmäßig zu prüfen. Bei Unklarheiten kann der Arbeitgeber weiterhelfen, aber auch ein Steuerberater oder anderer Experte.

Bildnachweis: Miljan Zivkovic / Shutterstock.com

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