Kritikfähigkeit: Kritik annehmen und daraus lernen

Kritische Anmerkungen lösen wohl bei den wenigsten Menschen Freude aus. Dabei ist die Kritik besser als ihr Ruf: Durch ehrliche Rückmeldungen kann man sich und seine Kompetenzen gezielt verbessern. Dafür ist es allerdings essenziell, dass Sie kritikfähig sind. Warum Kritikfähigkeit so eine wichtige soziale Kompetenz ist und wie Sie Kritikfähigkeit lernen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Eine Frau mit guter Kritikfähigkeit wird vom Chef kritisiert

Kritikfähigkeit Definition: Was bedeutet es, kritikfähig zu sein?

Kritikfähigkeit – was genau ist damit eigentlich gemeint? Laut Duden handelt es sich um die „Fähigkeit, Kritik zu üben“ beziehungsweise um die „Fähigkeit, Kritik zu akzeptieren, zu ertragen“. Kritikfähigkeit ist damit eine persönliche Kompetenz. Wie kritikfähig jemand ist, entscheidet darüber, wie er mit Kritik umgeht – sowohl, wenn er selbst Ziel von Kritik ist, als auch beim Kritisieren anderer Menschen.

Kritikfähigkeit: Beispiele

Was bedeutet es konkret, kritikfähig zu sein? Die folgenden Beispiele machen es deutlich:

  • Sie haben bei einer Aufgabe einen Fehler gemacht. Ihr Vorgesetzter weist Sie darauf hin, Sie hören sich die Ausführungen an, gestehen den Fehler ein und überlegen, wie Sie es künftig besser machen können.
  • Gegenüber einem Kunden haben Sie sich unhöflich verhalten. Ihr Chef bekommt Wind davon und stellt Sie zur Rede. Sie erklären die Umstände, ohne sich herausreden zu wollen, entschuldigen sich beim Chef und dem Kunden und achten künftig stärker auf einen respektvollen Umgang mit anderen.
  • Sie haben privaten Stress, sind im Job nicht bei der Sache – und prompt unterläuft Ihnen ein Fehler. Darauf angesprochen, zeigen Sie sich einsichtig und geloben Besserung.
  • Sie haben eine kritische Anmerkung zur Arbeitsweise eines Kollegen. Ihre Kritik äußern Sie sachlich, konkret und unter vier Augen.

Warum Kritikfähigkeit so wichtig ist

Kritik hören wohl die wenigsten Menschen gerne. Manche sind beleidigt oder fühlen sich angegriffen, wenn sie von anderen kritisiert werden. Eine ablehnende Reaktion ist dann häufig das Resultat.

Dabei spielt Kritik eine Rolle, die häufig unterschätzt wird. Dank Kritik kann man aus Fehlern oder suboptimalen Verhaltensweisen lernen und an seinen Erfahrungen wachsen. Nur, wer sein Verhalten reflektiert, kann sich verbessern und seine Ziele erreichen. Kritik kann eine solche Reflexion anstoßen. Außerdem gehen zumindest mit konstruktiver Kritik Verbesserungsvorschläge einher – und damit Ideen, wie man bestimmte Verhaltensweisen oder Vorgänge besser gestalten könnte.

Um sich zu verbessern ist Kritik mindestens so wichtig wie Lob, wenn nicht wichtiger. Lob zeigt auf, was schon gut läuft. Es ist als „Weiter so“ zu verstehen. Nur durch konstruktive Kritik wird jedoch offensichtlich, in welchen Bereichen noch nicht alles optimal ist und wo es noch Luft nach oben gibt. Wer Kritik zu nutzen weiß, findet dadurch Ansatzpunkte für eine gezielte Optimierung.

Kritikfähigkeit ist schon deshalb essenziell, weil Kritik einem im Leben immer wieder begegnet. Es gibt im privaten wie im beruflichen Kontext regelmäßig Anlässe für Kritik. Wer aktiv handelt, kann sich auch auf eine Art und Weise verhalten, die von anderen kritisiert wird.

Kritikfähigkeit als soziale Kompetenz ist auch ein wichtiger Soft Skill, der vielen Arbeitgebern wichtig ist. Kritikfähige Mitarbeiter können aus Feedback eher lehrreiche Schlüsse ziehen und ihre Leistungen steigern. Außerdem bedeutet Kritikfähigkeit auch, anderen konstruktiv Rückmeldung geben zu können. Auch das ist im Joballtag an vielen Stellen gefragt.

Kritikfähigkeit steigern: 7 Tipps

Manchen Menschen fällt es leichter als anderen, Kritik anzunehmen. Kritikfähigkeit lernen kann aber jeder. Die folgenden sieben Tipps zeigen Ihnen, mit welchen Ansätzen Sie Ihre Kritikfähigkeit steigern können.

1. Ändern Sie Ihre Einstellung zu Kritik

Viele Menschen fürchten sich vor Kritik – und empfinden sie als etwas Negatives, wenn sie zur Sprache gebracht wird. Kein Wunder, dass man sich unter solchen Umständen schlecht fühlt, wenn man kritisiert wird. Kritikfähigkeit ist jedoch auch eine Frage der Haltung. Ändern Sie Ihre Einstellung zu Kritik: Machen Sie sich klar, dass Kritik etwas Positives ist – fast schon ein Geschenk.

Angenommen, Sie erledigen eine Aufgabe immer in derselben, suboptimalen Art und Weise. Niemand sagt Ihnen, dass Sie anders an die Sache herangehen könnten, so dass Sie Ihre Fehler immer wiederholen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Käme nun von jemandem eine konstruktive Anmerkung, könnten Sie Ihre Schlüsse daraus ziehen und sich verbessern. Von alleine wären Sie womöglich nicht darauf gekommen, dass es überhaupt Verbesserungspotenzial gibt.

2. Selbstreflexion: Wie gehen Sie mit Kritik um?

Neben einer veränderten Einstellung ist eine Bestandsaufnahme der erste Schritt, um die eigene Kritikfähigkeit zu verbessern. Üben Sie sich in Selbstreflexion, indem Sie sich fragen, wie Sie gegenwärtig mit Kritik umgehen. Welche Reaktion löst Kritik bei Ihnen unmittelbar aus? Welche Gedanken haben Sie typischerweise, wenn Sie kritisiert werden, wie fühlen Sie sich und wie handeln Sie?

3. Hören Sie aktiv zu

Das nächste Mal, wenn Sie kritisiert werden, sollten Sie gut zuhören. Unterbrechen Sie die andere Person nicht, sondern finden Sie heraus, was genau sie Ihnen sagen möchte. Nur dann können Sie die Kritik verstehen und aus ihr lernen.

4. Denken Sie über die Rückmeldung anderer nach

Es ist nicht nur wichtig, bei kritischen Anmerkungen genau hinzuhören. Sie sollten sich auch im Anschluss an das Feedback Zeit nehmen, in Ruhe über die Kritik nachzudenken. Ist sie begründet oder zumindest teilweise begründet? Versetzen Sie sich dazu in die Lage der anderen Person hinein. Wo liegen die Hintergründe für die kritische Rückmeldung? Ein solcher Perspektivwechsel kann Ihnen helfen, die Situation objektiver einzuschätzen.

5. Sehen Sie Kritik nicht als Ablehnung Ihrer Person

Um Ihre Kritikfähigkeit zu steigern, sollten Sie sich klarmachen, dass nicht Sie als Person kritisiert werden, sondern nur ein bestimmtes Verhalten von Ihnen. Nehmen Sie Kritik deshalb nicht persönlich. Dass Sie kritisiert werden, bedeutet nicht, dass die andere Person nichts mehr von Ihnen hält. Kritik ist lediglich eine Rückmeldung in einer bestimmten Situation – nicht mehr und nicht weniger.

6. Gestehen Sie Fehler ein

Falls Kritik begründet ist, sollten Sie zu Ihren Fehlern stehen. Gestehen Sie sich und anderen ein, dass eine Sache hätte besser laufen können. Dabei sollten Sie sich einsichtig zeigen, ohne allzu demütig aufzutreten. Fehler passieren jedem mal. Endlos entschuldigen müssen Sie sich für die meisten Dinge aber trotzdem nicht – einmal reicht.

7. Fragen Sie nach, wenn Kritik ungenau ist

Wenn Kritik geäußert wird, ist sie nicht immer besonders konkret. Vielleicht möchte die andere Person Sie nicht vor den Kopf stoßen oder glaubt, dass Sie schon genau wissen werden, worum es geht. In so einem Fall sollten Sie nachfragen, was genau kritisiert wird. Nur so können Sie darüber nachdenken, inwiefern die andere Person Recht hat oder nicht. Sie können auch direkt fragen, was Sie künftig besser machen könnten.

Diese Fehler sollten Sie vermeiden, wenn Sie kritisiert werden

Kritikfähigkeit bedeutet, angemessen auf Kritik zu reagieren. Die folgenden Fehler sollten Sie in diesem Sinne vermeiden:

  • Nicht richtig zuhören: Viele Menschen reagieren auf Kritik empfindlich – und sind durch den Umstand, dass sie kritisiert werden, so getroffen, dass sie gar nicht genau hinhören. Dann können Sie aus der Kritik aber auch nicht lernen.
  • Beleidigt reagieren: Wer kritisiert wird, reagiert oft angesäuert. Beleidigt sein sollten Sie zumindest bei konstruktiver Kritik jedoch nicht. Bleiben Sie sachlich, hören Sie gut zu und denken Sie über die Rückmeldung der anderen Person nach. Bedanken Sie sich für das ehrliche Feedback.
  • Abwehr und Gegenangriff: Kritik löst bei vielen Menschen eine Trotzreaktion aus. Sie gehen in den Abwehrmodus, was sich zum Beispiel durch aufgebrachte Worte oder eine ablehnende Körpersprache bemerkbar machen kann. Manche Menschen gehen in den Angriffsmodus über, wenn sie kritisiert werden, und machen ihrerseits die andere Person schlecht. Beides sollten Sie nicht machen, weil es zu Konflikten führen oder diese verschärfen kann. Außerdem lernen Sie auf dieser Weise nichts.
  • Ärger statt Reflexion: Manche Menschen sind von Kritik derart getroffen, dass sie sich noch lange Zeit mit dem Gespräch befassen – ohne aber gleichzeitig über die Worte des anderen nachzudenken. Auch damit verpassen Sie die Chance, aus Ihren Fehlern oder anderen suboptimalen Verhaltensweisen wertvolle Schlüsse zu ziehen.
  • Lange Rechtfertigungen: Wer kritisiert wird, kann darauf mit Rechtfertigungen reagieren. Lange Rechtfertigungen können den Eindruck erwecken, dass Sie auf Ihrer Sichtweise beharren und uneinsichtig sind. Sie können und sollen zwar Ihre Wahrnehmung und Ihre Hintergründe erläutern, sollten aber nicht versuchen, sich aus der Sache herauszureden. Schieben Sie auch nicht die Schuld auf andere.
  • Zu allem Ja und Amen sagen: Nicht jede Kritik ist gerechtfertigt. Wenn Sie partout nicht einsehen, dass Sie etwas falsch gemacht haben, müssen Sie sich auch nicht für etwas entschuldigen oder suggerieren, dass Sie die Einschätzung der anderen Person teilen. Dasselbe gilt, wenn Kritik nicht konstruktiv geäußert wird. Kritikfähigkeit bedeutet lediglich, angemessen auf Kritik zu reagieren. Das heißt aber nicht, dass man kritische Sichtweisen immer teilen muss. Wenn Sie anderer Meinung sind, können Sie das ruhig sagen. Dabei sollten Sie Ihre Gegenargumente ruhig und sachlich vorbringen.

Mit Kritikfähigkeit zum neuen Job: Kritikfähigkeit im Vorstellungsgespräch zeigen

Kritikfähigkeit ist in den meisten Berufen ein wichtiger Soft Skill. Das gilt besonders für Jobs, für die viel Kontakt mit anderen Menschen typisch ist – zum Beispiel mit Kunden, Geschäftspartnern oder im Rahmen der Zusammenarbeit im Team. Entsprechend hoch schätzen viele Arbeitgeber die Bedeutung von Kritikfähigkeit ein, wenn es um Mitarbeiter und Bewerber geht.

Dass Sie kritikfähig sind, können Sie oft schon im Vorstellungsgespräch unter Beweis stellen. Das geht zum Beispiel, wenn Ihnen Stress- oder Fangfragen gestellt werden. Indem Sie ruhig bleiben und sich nicht aus der Fassung bringen lassen, deuten Sie Ihre Kritikfähigkeit an.

Dasselbe gilt, wenn Sie gelassen bleiben, wenn man Sie im Gespräch unter Druck setzen möchte. Vielleicht werden Sie im Bewerbungsgespräch auch direkt nach Ihrer Kritikfähigkeit gefragt. Dann möchte der potenzielle Arbeitgeber womöglich wissen, wie Sie mit Kritik und Fehlern umgehen. Zeigen Sie mit Ihrer Antwort, dass Kritikfähigkeit zu Ihren sozialen Kompetenzen gehört.

Bildnachweis: Litvinov / Shutterstock.com

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