Reizüberflutung: Wie sie entsteht und was Sie dagegen tun können

Das Telefon klingelt, eine Mail ploppt am Bildschirm auf und der Kollegen dreht mal wieder das Radio in seiner Pause besonders laut – bei einigen Menschen kann das zu einer echten Reizüberflutung führen. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, wann man sich professionelle Hilfe suchen sollte und was man selbst gegen eine Reizüberflutung tun kann, erfahren Sie hier.

Eine Frau schreit und hält sich die Ohren zu, sie spürt eine Reizüberflutung

Definition Reizüberflutung: Wie entsteht sie?

Reizüberflutung bedeutet, dass wir von den Sinneseindrücken, die auf uns einprasseln, überfordert sind. Wann der Punkt der Überforderung erreicht ist, hängt jedoch von ganz individuellen Faktoren ab.

Einige Menschen kommen nicht damit klar, wenn sie etwas am Smartphone tippen und gleichzeitig im Hintergrund das Radio läuft, andere haben mit dem sogenannten Medien-Multitasking dagegen überhaupt keine Probleme. Sie können störende Geräusche oder Unterhaltungen gut ausblenden.

Reizüberflutung bezieht sich jedoch nicht nur auf den akustischen Kanal, also auf Höreindrücke. Wir können auch von Gerüchen, von grellen Lichtern oder schnellen Bewegungen überfordert werden. Es kommt eben darauf an, in welcher Fülle und in welcher Frequenz das geschieht.

Grundsätzlich kommen hochsensible Menschen schlechter damit zurecht, wenn sie vielen unterschiedlichen Sinneseindrücken ausgesetzt sind. Bei ihnen zeigen sich die Symptome der Reizüberflutung früher und sie sind schneller überfordert, gereizt und ausgelaugt. Reizüberflutung kommt immer wieder zusammen mit Autismus oder ADHS vor.

Reizüberflutung bei Erwachsenen

Menschen mit einer besonders detaillierten Wahrnehmung leider eher unter Reizüberflutung. Wenn Sie der Mehrzahl der nun folgenden Aussagen zustimmen, könnte es gut sein, dass Sie besonders mit einer Reizüberflutung zu kämpfen haben:

  1. Wenn mir jemand seine Probleme schildert, dann höre ich ganz genau zu und versuche, mich in die Person hineinzuversetzen.
  2. Ich lasse mir viel Zeit für meine Aufgaben und erledige alles besonders sorgfältig.
  3. Wenn gleichzeitig viele Geräusche, Gespräche und Lichter auf mich einprasseln, überfordert mich das schnell.
  4. In meinen Pausen brauche ich auch mal Zeit für mich und ziehe mich daher gerne zurück.
  5. Ich hänge gerne meinen Gedanken nach und horche in mich hinein.
  6. Ich habe eine rege Fantasie, die ich auch gerne auslebe.
  7. Man könnte mich als besonders schreckhaft bezeichnen.
  8. Wenn sich Dinge verändern, bin ich zunächst zurückhaltend. Es ist mir lieber, wenn alles so bleibt, wie es ist.
  9. Sehe ich traurige Bilder oder Videos, geht mir das besonders nah.
  10. Ich habe ein starkes Gerechtigkeitsgefühl und versuche gegen Unfaires vorzugehen.

Die Symptome der Reizüberflutung bei Erwachsenen

Dass bei Ihnen eine Reizüberflutung vorliegen könnte, zeigt sich ebenfalls in ganz individuellen Symptomen. Sollten Sie jedoch schon öfter festgestellt haben, dass Sie schnell überfordert sind, achten Sie zukünftig auf die nun folgenden Symptome:

  1. Sie bemerken, dass sie unruhig werden und sich gestresst fühlen.
  2. Sie können immer schlechter schlafen und entwickeln Ein- und Durchschlafprobleme.
  3. Sie haben das Gefühl, immer ängstlicher und unsicherer zu werden.
  4. Hält die Reizüberflutung sehr lange an, bemerken Sie zusätzlich, dass Sie aggressiv werden.
  5. Sie leiden unter langanhaltenden Kopfschmerzen, die sich zu einer Migräne entwickeln können.

In extremen Fällen kann eine andauernde Reizüberflutung sogar zu einer Depression führen. Daher gilt: Sobald Sie merken, dass Sie sich unwohl fühlen oder dass sich etwas bei Ihrem Gesundheitszustand verschlechtert, sollten Sie einen Arzt aufsuchen und die Symptome abklären lassen. Was Sie vielleicht für eine Reizüberflutung halten, könnte auch einen anderen Grund haben.

Reizüberflutung bei Kindern

Natürlich sind nicht nur Erwachsene von einer Reizüberflutung betroffen. Auch und gerade Kinder können darunter leiden, dass sie Tag für Tag vielen Informationen, Geräuschen und Bildern ausgesetzt sind. Eltern sind daher gefragt, besonders hellhörig und aufmerksam zu sein und zu kontrollieren, ob ihre Kinder nicht vielleicht durch den Gebrauch von elektronischen Geräten wie Handy, Tablet und Fernseher überfordert sein könnten.

Da es ganz individuell ist, wann ein Kind überfordert ist und wie lange es noch gut mit den Eindrücken zurecht kommt, ist die Entscheidung für Eltern gar nicht so einfach. Manche wissen gar nicht, worauf sie achten müssen und schieben die Verhaltensänderungen ihrer Kinder zum Beispiel auf die Pubertät.

Experten weisen jedoch darauf hin, dass Eltern bei schlechter werdenden Schulnoten, genereller Unlust, in die Schule zu gehen, und anderen offensichtlichen Änderungen im Verhalten ihrer Kinder immer auch eine Reizüberflutung im Hinterkopf behalten sollten.

Unter Umständen ist die Reizüberflutung so stark, dass sie professionelle Hilfe benötigen und bei anhaltender Reizüberflutung eine Therapie angehen müssen. Am besten klären Eltern das mit einem Arzt oder einem Psychologen/Psychotherapeuten ab.

Reizüberflutung: Diese Maßnahmen können helfen

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie ohne professionelle Hilfe auskommen, aber trotzdem daran arbeiten wollen, nicht mehr von Ihren Sinneseindrücken überfordert zu werden, können Sie tatsächlich auch selbst aktiv werden und versuchen, etwas gegen die Reizüberflutung zu tun.

Denn Wissenschaftler weisen immer wieder darauf hin, dass man seine Toleranz gegenüber Reizen von außen trainieren und die Reizüberflutung auf diese Weise abmildern kann.

Probieren Sie doch einmal Folgendes aus:

  1. Innere Stimme trainieren: Nicht nur hochsensible Menschen, sondern auch alle anderen haben ein Bauchgefühl, das meist ein sehr verlässlicher Indikator ist, wenn es um unser Wohlbefinden geht. Auf diese innere Stimme sollten Sie wieder mehr hören. Das gelingt zum Beispiel mit Achtsamkeitsübungen.
  2. Sich ausreichend Ruhe gönnen: Um mit den Anforderungen der digitalen und analogen Welt bestmöglich umgehen zu können, brauchen wir alle hin und wieder ein wenig Ruhe und Entspannung. Achten Sie darauf, dass Sie sich genügend Auszeit erlauben. Den Nachhauseweg könnten Sie zum Beispiel zum Teil zu Fuß bestreiten. Ein Spaziergang gibt Ihnen Gelegenheit, den Tag Revue passieren zu lassen und damit abzuschließen. Wenn Sie Ihr Nachhauseweg noch dazu durch einen kleinen Park oder ein kurzes Waldstück führt, sollten Sie sich doppelt freuen: Die grüne Farbe und der Geruch der Bäume und Sträucher kann Ihnen helfen, mit der Reizüberflutung besser klarzukommen.
  3. Zusammenarbeit mit Kollegen suchen: Studien deuten außerdem darauf hin, dass gerade hochsensible Menschen davon profitieren, wenn es im Unternehmen eher kooperativ zugeht. Wenn die Kollegen mehr gegeneinander statt miteinander arbeiten, nehmen sie die Reizüberflutung noch schlimmer wahr, als sie ohnehin schon ist. Sofern Sie die Gelegenheit dazu haben, sollten Sie daher an einem guten Betriebsklima mitarbeiten und versuchen, Aufgaben im Team zu lösen.
  4. Deadline großzügig vereinbaren: Druck und Stress führen ebenfalls dazu, dass wir schneller überfordert sind. Wenn möglich sollten Sie daher mit Ihrem Arbeitgeber großzügige Deadlines vereinbaren. Das wird natürlich nicht immer möglich sein. Suchen Sie aber trotzdem das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten und schildern Sie, welche Auswirkungen eine Reizüberflutung auf Sie hat. Mit etwas Glück wird er einsehen, dass Sie dem Unternehmen mehr bringen, wenn Sie zwar keine enge Deadline einhalten, dafür aber produktiv und effizient arbeiten.
  5. Reize am Arbeitsplatz geringhalten: Hochsensible Personen, die in einem Großraumbüro arbeiten, haben es schwer. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie von dem ständigen Lärm und den unterschiedlichen Gerüchen überfordert werden, sprechen Sie auch das an. Vielleicht können Sie sich zumindest für einige Stunden pro Tag an einen Platz im Büro zurückziehen, an dem es ruhiger ist. Oder aber das Homeoffice könnte eine Alternative sein. Zuhause können Sie den Geräuschpegel an Ihrem Schreibtisch so gestalten, dass Sie möglichst wenig belastet werden.

Bildnachweis: Roman Samborskyi / Shutterstock.com

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