Stufen der Pflegegrade: Pflegeversicherung richtig beantragen

Nicht nur ältere Menschen in Deutschland beziehen Leistungen von der Pflegeversicherung. Wie hoch diese Leistungen ausfallen, hängt vom Pflegegrad ab, in den die Person eingruppiert wird. Wovon die Einteilung in Pflegegrade bestimmt wird und welche Leistungen die Pflegeversicherung übernimmt, lesen Sie hier.

Eine Pflegekraft kümmert sich um eine alte Frau, wie lassen sich die Stufen der Pflegegrade richtig beantragen?

Die Leistungen der Pflegeversicherung: Wie wichtig sie sind

In Deutschland beziehen aktuell ungefähr fünf Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung. Diese Leistungen benötigen sie, weil sie ihren Lebensalltag nicht allein gestalten können und auf Hilfe angewiesen sind.

Die überwiegende Mehrzahl derjenigen Personen, die Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, erhalten diese Hilfe ambulant. Aktuell sind das ungefähr 4,1 Millionen Menschen. Sie wohnen weiterhin in ihrer gewohnten heimischen Umgebung und werden zum Beispiel von einem ambulanten Pflegedienst unterstützt. Entsprechen leben 0,9 Millionen derjenigen Personen, die Leistungen von der Pflegekasse erhalten, in einem Pflegeheim und werden dort betreut.

Zwar denken wir in erster Linie an ältere Personen, wenn wir von Pflegegeraden, Pflegestufen und Pflegebedürftigkeit sprechen, doch das Thema ist keinesfalls auf diese Altersgruppe beschränkt. Auch jüngere Personen können pflegebedürftig werden. Denn laut Gesetz sind Personen pflegebedürftig, die „gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen“. Durch einen Autounfall, eine Krankheit oder einen anderen Schicksalsschlag können daher auch schon junge Menschen pflegebedürftig werden.

Von einer Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes spricht man dann, wenn die Person für mindestens ein halbes Jahr pflegebedürftig ist und sie in eine Pflegestufe, wie sie in Paragraf 15 SGB XI definiert sind, eingruppiert werden kann.

Pflegegrad oder Pflegestufe: Was ist richtig?

Zum 1. Januar 2017 ist eine Gesetzesänderung in Kraft getreten. Seit diesem Datum spricht man nicht mehr von Pflegestufen, sondern von Pflegegraden. Da jedoch viele Menschen immer noch den Begriff Pflegestufe verwenden und Pflegestufe und Pflegegrad im Prinzip das Gleiche aussagen, werden wir die Begriffe in diesem Artikel gleichwertig behandeln. Wenn wir von Pflegestufen sprechen, sind die aktuell geltenden Pflegegrade gemeint.

Der Antrag: Voraussetzungen für Leistungen der Pflegeversicherung

Hat ein Angehöriger immer mehr Probleme damit, seinen Lebensalltag eigenständig zu bestreiten, können Sie unter Umständen Leistungen von der Pflegeversicherung beantragen.

Um Anspruch auf diese Leistungen zu haben, muss die Pflegebedürftigkeit mindestens für sechs Monate bestehen. Bei der Mehrzahl der älteren Personen, die pflegebedürftig werden, besteht die Pflegebedürftigkeit bis ans Lebensende. Nur wenige schaffen es, wieder einen Gesundheitszustand zu erreichen, der keine Pflegebedürftigkeit mit sich bringt.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Angehöriger seinen Alltag nicht mehr komplett alleine bewältigen kann, sollten Sie sich an die Pflegekasse wenden. Die zuständige Pflegekasse finden Sie über die Krankenkasse, bei der Ihr Angehöriger versichert ist. In Deutschland gilt das Prinzip „Pflegekasse folgt Krankenkasse“.

Rufen Sie bei der Pflegekasse an und lassen Sie sich einen Antrag auf einen Pflegegrad für Ihren Angehörigen zuschicken.

Tipp: Schreiben Sie sich das genaue Datum des Telefonats auf und bewahren Sie den Zettel auf. Sollte Ihrem Angehörigen ein Pflegegrad zugesprochen werden, haben Sie bzw. Ihr Angehöriger ab diesem Datum einen Anspruch auf Leistungen von der Pflegekasse.

Im nächsten Schritt wird sich ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) bei Ihnen melden und einen Termin für die Begutachtung Ihres Angehörigen vereinbaren.

Pflegegrad beantragen: Es gibt auch diese Möglichkeiten

Neben dem Telefonat, bei dem Sie darum bitten, einen Antrag auf Pflegeleistungen per Post zu erhalten, haben Sie noch weitere Möglichkeiten, den Antrag zu stellen:

  • Sie schreiben einen Brief an die Pflegekasse, in dem Sie formlos beantragen, dass ihr Angehöriger einen Pflegegrad erhalten soll.
  • Sie beantragen den Pflegegrad beim Pflegestützpunkt. Dazu suchen Sie mit dem pflegebedürftigen Angehörigen einen Pflegestützpunkt auf und lassen sich dort beraten. Im nächsten Schritt können Sie dort den Antrag stellen.

Die Pflegegrade: Höhe der Leistungen der Pflegeversicherung

Das Gutachten des MD ist ausschlaggebend dafür, in welchen Pflegegrad Ihr Angehöriger eingeordnet wird. Fünf verschiedene Pflegestufen werden dabei unterschieden:

PflegegradBeschreibung
Pflegegrad/Pflegestufe 1Personen, die in die Pflegestufe 1 eingruppiert werden, kommen noch relativ gut im Alltag zurecht. Sie zeigen nur eine geringe Beeinträchtigung ihrer Selbstständigkeit. Sie benötigen zum Beispiel Unterstützung beim Kochen oder Putzen.
Pflegegrad/Pflegestufe 2Personen, die in Pflegegrad 2 eingruppiert werden, sind per Definition im Hinblick auf ihre Selbstständigkeit erheblich eingeschränkt. Sie benötigen regelmäßig Unterstützung, um ihren Alltag bewältigen zu können.
Pflegegrad/Pflegestufe 3Wer in der Pflegestufe 3 eingruppiert wird, der kommt ohne fremde Hilfe nicht mehr zurecht. Hier spricht man von einer schweren Beeinträchtigung der Selbstständigkeit der Person. Häufig können diese Personen nicht mehr eigenständig gehen oder Treppensteigen, sodass sie intensiv betreut werden müssen.
Pflegegrad/Pflegestufe 4In Pflegestufe 4 kommt es zu schwersten Beeinträchtigungen im Alltag der Person. Die pflegebedürftige Person ist kaum noch in der Lage, allein etwas zu bewerkstelligen. In der Regel benötigen Personen im Pflegegrad 4 permanente Unterstützung, auch bei alltäglichen Vorgängen, etwa bei der Körperpflege oder beim Anziehen.
Pflegegrad/Pflegestufe 5Pflegegrad 5 bedeutet, dass die Person schwerstbeeinträchtigt ist. Personen mit diesem Pflegegrad können in der Regel nicht mehr zu Hause betreut werden, da ihre Versorgung große Anforderungen an den Pflegedienst stellt. In der Pflegestufe 5 können Menschen nicht mehr selbstständig Nahrung zu sich nehmen und sind in der Regel komplett bettlägerig. Sie müssen rund um die Uhr betreut werden.

Die Kriterien: So wird der Pflegegrad ermittelt

Der Gutachter des Medizinischen Dienstes orientiert sich an klar definierten Kriterien, um eine Person in einen bestimmten Pflegegrad einzugruppieren.

  1. Mobilität: Der Gutachter schaut sich an, wie eigenständig und mobil die zu beurteilende Personen noch ist.
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Der Gutachter überprüft, ob die Person noch in der Lage ist, sich zurechtzufinden. Also ob sie noch weiß, wo sie sich befindet, welches Datum wir schreiben und wie spät es ist. Zu diesem Punkt gehört auch, dass der Gutachter sich ein Bild von den kommunikativen Fähigkeiten macht: Kann die Person sich noch klar und deutlich äußern und ihre Wünsche kommunizieren? Ist sie noch fähig, selbstständig Entscheidungen zu treffen?
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Ist die Person aggressiv, ängstlich oder zeigt sie andere Auffälligkeiten? Benötigt sie deshalb öfter Hilfe?
  4. Selbstversorgung: Ist die Person in der Lage, die tägliche Körperpflege selbst durchzuführen?
  5. Umgang mit therapie- oder krankheitsbedingten Belastungen: Schafft es die Person, eigenständig ihre Medikamente einzunehmen oder benötigt sie Hilfe beim Umgang mit ihrer Erkrankung?
  6. Soziale Kontakte und Alltagsgestaltung: Trifft sich die Person noch mit Freunden und Bekannten oder lebt sie sehr zurückgezogen? Schafft sie es noch, diejenigen Aufgaben zu erledigen, die im Alltag anfallen? Wie selbstständig kann sie ihren Alltag noch gestalten?

Die Leistungen der Pflegeversicherung: Das können Pflegebedürftige erwarten

Die Pflegeversicherung finanziert ihre Leistungen durch die Beiträge ihrer Versicherten – ähnlich wie die anderen Sozialversicherungen in Deutschland. Welche Leistungen die Pflegebedürftigen konkret erwarten können, hängt von ihrem Pflegegrad ab.

Zu den Leistungen gehören zum Beispiel:

  • Finanzielle Unterstützung, wenn die pflegebedürftige Person zu Hause betreut wird (Pflegegeld).
  • Unterstützung durch Pflegekräfte, wenn die pflegebedürftige Person zu Hause betreut wird. Diese sogenannten Sachleistungen treten an die Stelle des Pflegegeldes.
  • Denkbar ist auch, dass Pflegegeld und Sachleistungen kombiniert werden. Zum Beispiel dann, wenn ein Angehöriger einen Teil der Pflege übernimmt und damit nur der andere Teil von Fachpersonal übernommen werden muss.
  • Wenn sich die Angehörigen um die pflegebedürftige Person kümmern, ist es wichtig, dass sie auch Auszeiten für sich einplanen, um zu entspannen und zu regenerieren. Das gelingt unter anderem im Urlaub. Damit die pflegebedürftige Person auch während dieser Zeit betreut ist, stellt die Pflegekasse eine sogenannte Verhinderungspflege.

Daneben gibt es noch viele weitere Leitungen der Pflegekasse, die betroffene Personen am besten individuell absprechen.

Bildnachweis: pikselstock / Shutterstock.com

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