Arbeitsanweisungen verstehen: Das Weisungsrecht des Arbeitgebers

Arbeitsanweisungen gehören im Arbeitsalltag dazu. Doch was ist eine Arbeitsanweisung eigentlich genau? Welche Pflichten haben Arbeitnehmer? Und muss man alles tun, was der Arbeitgeber sagt? Hier erfahren Sie, was Sie zum Thema wissen müssen.

Ein Fabrikmitarbeiter erhält an einer Maschine Arbeitsanweisungen von seiner Vorgesetzten.

Was ist eine Arbeitsanweisung? Definition & Abgrenzung

Arbeitsanweisungen sind im Joballtag gang und gäbe. Ein Vorgesetzter teilt Mitarbeitern dabei mit, was sie tun sollen. Nicht nur das: Häufig geht es auch darum, wie eine bestimmte Aufgabe erledigt werden soll, wann oder wie oft. Klare Arbeitsanweisungen sorgen für Orientierung, stecken Erwartungen ab und sind ein wichtiges Instrument in der Mitarbeiterführung.

Dabei ist es wichtig, die Arbeitsanweisung von ähnlich gelagerten Begriffen zu trennen. Eine Dienstanweisung etwa gilt in der Regel für Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Sie enthält allgemeiner gefasste Arbeitsvorschriften, während Arbeitsanweisungen im Detail verdeutlichen, wie eine bestimmte Tätigkeit ausgeübt werden soll.

In vielen Unternehmen gibt es Betriebsvereinbarungen. Sie haben mit Arbeitsanweisungen zunächst einmal nichts zu tun, denn hierbei handelt es sich um Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat als Vertreter der Belegschaft. Betriebsvereinbarungen regeln bestimmte Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis.

Der Zweck von Arbeitsanweisungen

Arbeitsanweisungen sind für Arbeitgeber ein Weg, ihr Weisungsrecht in der Praxis zu nutzen. Damit ist das Recht des Arbeitgebers gemeint, den Mitarbeitern Vorgaben zu Art, Umfang, Zeit und Ort ihrer Arbeitsleistung zu machen.

Der Zweck von Arbeitsanweisungen ist dabei vielseitig. Einerseits geht es darum, die Qualität der Arbeit von Beschäftigten zu erhöhen und Fehler zu vermeiden. Durch klare Vorgaben können die Mitarbeiter effektiver und effizienter arbeiten. Andererseits kann dadurch die Sicherheit am Arbeitsplatz erhöht werden. Bei riskanten Tätigkeiten helfen Arbeitsanweisungen, Unfälle zu verhindern.

Arbeitsanweisungen können sowohl mündlich als auch schriftlich gegeben werden. In der Praxis erfolgen sie häufig mündlich. Bei grundlegenden, wichtigen Aufgaben händigen Führungskräfte aber mitunter auch schriftliche Anweisungen aus, damit die Mitarbeiter immer wieder nachlesen können, was der Arbeitgeber von ihnen erwartet. Auch Aushänge sind denkbar.

Unterschiedliche Arten von Arbeitsanweisungen

Es gibt unterschiedliche Formen von Arbeitsanweisungen. Ein wichtiger Unterschied besteht zwischen formellen und informellen Anweisungen. Formelle Anweisungen sind offiziell und besonders verbindlich, während informelle Arbeitsanweisungen eher locker formuliert und weniger offiziell übermittelt werden.

Formelle Anweisungen erfolgen oft schriftlich, informelle Anweisungen meist mündlich oder per E-Mail. Auch darin liegt ein wesentlicher Unterschied bei den Formen von Arbeitsanweisungen. Mündliche Arbeitsanweisungen sind besonders schnell und flexibel, allerdings gibt es hier keinen Nachweis darüber, was besprochen wurde. Wenn das wichtig ist, bietet sich eine schriftliche Arbeitsanweisung an. Zum Beispiel, wenn es um Sicherheit und Arbeitsschutz geht oder die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben.

Bei schriftlichen Anweisungen stellt sich eine praktische Frage: Muss ich eine Arbeitsanweisung unterschreiben? Prinzipiell ja, wenn der Arbeitgeber das erwartet – Sie machen damit deutlich, dass Sie Anweisung zur Kenntnis genommen haben.

Auch der Zweck einer Arbeitsanweisung kann sich unterscheiden: Während formelle Anweisungen oft generell für bestimmte Tätigkeiten und einen größeren Kreis von Mitarbeitern gelten, beziehen sich informelle Anweisungen häufig auf einzelne Mitarbeiter und konkrete Aufgaben.

Typische Beispiele für Arbeitsanweisungen sind: 

  • Sicherheitsanweisungen, zum Beispiel, wenn das Tragen von Schutzkleidung oder Helmen vorgeschrieben ist, aber auch zum Verhalten bei Notfällen oder Gefahren
  • Anweisungen für die Qualitätssicherung, etwa für die Produktprüfung, die Einhaltung von Standards oder die Dokumentation
  • Prozessanweisungen, die die korrekte Abfolge von Arbeitsabläufen definieren, zum Beispiel bei der Bedienung von Geräten oder Softwareprozessen
  • Verhaltensregeln, die sich zum Beispiel auf den Umgang mit Kunden, die Ordnung am Arbeitsplatz oder die Lautstärke in Open-Space-Büros beziehen
  • Hygienestandards, beispielsweise in der Produktion oder in Restaurants und an anderen Orten, wo Lebensmittel verarbeitet werden

Arbeitsanweisung im Arbeitsrecht: Das Weisungsrecht des Arbeitgebers

Wenn es um Arbeitsanweisungen geht, spielt das Weisungsrecht des Arbeitgebers eine entscheidende Rolle. Es ist auch als Direktionsrecht bekannt und erlaubt dem Arbeitgeber, seinen Mitarbeitern vorzugeben, wie sie ihre Arbeit erledigen sollen. Der Arbeitgeber kann darüber bestimmen, was, wie und wann gemacht werden soll. Das Weisungsrecht ist ein wichtiges Instrument, um die Arbeit der Beschäftigten zu organisieren, Abläufe zu regeln und auf Unternehmensziele hinzuarbeiten. Es sorgt zudem für Klarheit und Orientierung auf beiden Seiten.

Das heißt nicht, dass der Arbeitgeber nach Gutdünken entscheiden darf, was seine Beschäftigten wie und wann tun sollen. Bei Weisungen muss sich der Arbeitgeber an das halten, was im Arbeitsvertrag zu Art, Inhalt und Umfang der Arbeit steht. Hier ist oft geregelt, welche Tätigkeiten Mitarbeiter übernehmen müssen. Auch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge haben einen Einfluss auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Hieraus können sich Vorschriften ergeben, an die sich der Arbeitgeber halten muss.

Darüber hinaus gibt es gesetzlich festgelegte Grenzen des Weisungsrechts. So dürfen Arbeitgeber mit ihren Weisungen nicht gegen geltende Gesetze verstoßen, außerdem dürfen sie nicht sittenwidrig sein. Beispiele hierfür können Weisungen sein, die die Sicherheit am Arbeitsplatz unterwandern könnten. Außerdem dürfen Anweisungen an Mitarbeiter nicht deren Persönlichkeitsrechte oder die Persönlichkeitsrechte von Dritten verletzen.

Arbeitsanweisungen: Ihre Pflichten als Arbeitnehmer

In einem Arbeitsverhältnis haben Arbeitnehmer bestimmte Pflichten. Dazu gehört es, den Anweisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten. Sie müssen sich also grundsätzlich an die Weisungen von Vorgesetzten halten – vorausgesetzt, sie sind zumutbar und stehen im Einklang mit den Bestimmungen des Arbeitsvertrags.

Weigern Sie sich als Arbeitnehmer, eine zulässige Weisung zu befolgen, kann das Konsequenzen haben. Der Arbeitgeber könnte Sie dafür verwarnen oder formell abmahnen. In schwerwiegenden Fällen kann Ihnen sogar eine Kündigung drohen – mitunter sogar fristlos, wobei die rechtlichen Hürden hier besonders hoch sind.

Es gibt allerdings Fälle, in denen es legitim ist, einer Anweisung von Vorgesetzten nicht zu folgen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn eine Weisung gegen geltendes Recht verstößt. Auch bei einem Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht ist es zulässig, eine Anweisung zu ignorieren. Persönlichkeitsrechte schützen die Würde des Einzelnen. Eine Arbeitsanweisung, die diese Rechte missachtet, könnte zum Beispiel die Weitergabe privater Informationen beinhalten. Das Ausspionieren von anderen oder eine unerlaubte Überwachung sind weitere Beispiele hierfür.

Moralisch fragwürdige Anweisungen müssen nicht befolgt werden

Nicht an Weisungen des Arbeitgebers halten müssen sich Arbeitnehmer außerdem, wenn diese gegen die guten Sitten verstoßen. Hierbei handelt es sich um allgemeine Verhaltensregeln, die sich aus moralischen Gedanken und gesellschaftlichen Normen ableiten. Sittenwidrige Weisungen sind moralisch fragwürdig. Ein Beispiel hierfür wäre etwa eine Anweisung an Mitarbeiter, Kunden bewusst zu täuschen, um die Verkaufszahlen zu erhöhen.

Praktisch heißt das: Als Arbeitnehmer sind Sie grundsätzlich dazu verpflichtet, sich an die Anweisungen des Arbeitgebers zu halten. Nicht alle Weisungen sind aber zulässig, weshalb Sie kritisch prüfen sollten, was möglicherweise unmoralisch oder gesetzeswidrig ist. Bei Zweifeln an der Zulässigkeit einer Weisung ist ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder aber dem Betriebsrat sinnvoll.

Arbeitsanweisungen in der modernen Arbeitswelt: Der Einfluss der Digitalisierung

Das moderne Arbeitsumfeld ist durch eine veränderte Art der Kommunikation geprägt. Dabei spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Sie wirkt sich auch darauf aus, wie Arbeitgeber ihren Mitarbeitern mitteilen, was sie erledigen sollen, in welcher Weise und bis wann.

Arbeitsanweisungen werden immer häufiger über E-Mails, per Chat oder über Kollaborationstools wie Slack oder Microsoft Teams gegeben. Auf diese Weise ist die Kommunikation unmittelbar, lässt sich aber zugleich besser nachlesen als bei einer mündlichen Vorgabe. Das mindert das Risiko von Missverständnissen und darauf basierenden Konflikten.

In der modernen Arbeitswelt sind auch die Arbeitsstrukturen anders als noch vor einigen Jahrzehnten. Agile Strukturen und flache Hierarchien sind immer verbreiteter. Das hat Einfluss auf die Entscheidungsfindung und die Kommunikation von Erwartungen. Abstimmung und Zusammenarbeit ist zunehmend nötig, während sture Befehle von oben in den Hintergrund treten. Arbeitsanweisungen dienen dabei häufig eher als Rahmen statt als festes Gerüst.

In solchen Strukturen kommt es auf klare Absprachen, transparente Kommunikation und konstruktives Feedback an. Führungskräfte verteilen zwar weiterhin Aufgaben und machen deutlich, was sie von Arbeitskräften erwarten. Zugleich wird die Umsetzung häufig auf Augenhöhe besprochen; eigenverantwortliches, kreatives Arbeiten wird gezielt gestärkt. Das soll Mitarbeiter motivieren und ihre Zufriedenheit ebenso erhöhen wie die Qualität der Arbeit.

Hierarchie, Entscheidungen und Anweisungen im Bewerbungsgespräch entschlüsseln

Die Unternehmenskultur hat großen Einfluss darauf, wie zufrieden Arbeitnehmer mit ihrem Job sind, wie wohl sie sich fühlen und ob sie sich mit dem Arbeitgeber identifizieren. Sie prägt die Entscheidungsfindung, die Art der Kommunikation und in welcher Weise und welchem Umfang Führungskräfte ihren Mitarbeitern Vorschriften machen.

Für Bewerber lohnt es sich daher, möglichst frühzeitig herauszufinden, was sie in einem Unternehmen erwarten würde. Durch gezielte Fragen im Vorstellungsgespräch können Sie mehr darüber erfahren, wie in einem Unternehmen mit Arbeitsanweisungen umgegangen wird.

Sie könnten zum Beispiel fragen: 

  • Wie groß wäre mein Entscheidungsspielraum?
  • Inwieweit hätte ich Einfluss auf Vorgehensweisen?
  • Sind eigene Ideen willkommen?
  • Wie werden Aufgaben verteilt?
  • Wie flexibel können Aufgaben umgesetzt werden?
  • Wie sind Projekte üblicherweise organisiert?

Was Sie aus der Stellenanzeige herauslesen können

Achten Sie nicht nur darauf, was Ihre Gesprächspartner sagen. Auch wie sie generell auf Nachfragen reagieren, kann aufschlussreich sein: Sind sie offen und geben gern Auskunft – oder wirken sie eher einsilbig und lenken das Gespräch schnell wieder in eine andere Richtung?

Auch die Stellenanzeige kann Ihnen Hinweise darauf geben, wie Anweisungen in einem Unternehmen gegeben werden. Wörter wie „eigenverantwortlich“, „im agilen Team“ oder „flexibel“ deuten auf gewisse Freiheiten in der Gestaltung der eigenen Arbeit hin. Auf der anderen Seite lassen Formulierungen wie „in enger Abstimmung“, „Richtlinien“ oder „Reports“ auf stärker hierarchisch geprägte Strukturen schließen.

Unklare oder fragwürdige Arbeitsanweisungen: Was tun?

Arbeitsanweisungen sind für beide Seiten sinnvoll: Arbeitnehmer wissen dadurch, was von ihnen erwartet wird, und Führungskräfte können sicherstellen, dass Mitarbeiter ihre Aufgaben wie gewünscht erledigen. Nicht immer aber läuft alles reibungslos: Manchmal sind Anweisungen unklar, wodurch Unsicherheit bei Beschäftigten entstehen kann. In solchen Fällen ist es wichtig, frühzeitig nachzufragen, anstatt irgendetwas zu tun, was am Ende womöglich falsch ist.

So könnte das zum Beispiel im Gespräch mit einem Vorgesetzten klingen: „Ich wollte nur sichergehen, dass wir uns richtig verstehen: Die Aufgabe XY soll bis zum XX.XX. fertig sein, korrekt?“ oder „Du meinst, ich soll …?“. Wer nachfragt und dabei klar formuliert, was er verstanden hat, kann Fehler vermeiden, die unnötig Zeit kosten und seinem Ruf beim Arbeitgeber schaden können.

Bei Problemen an den Betriebsrat wenden

Was, wenn man mit der Arbeitsanweisung eines Vorgesetzten nicht einverstanden ist – zum Beispiel, weil man sie für falsch, unlogisch oder moralisch fragwürdig hält? Der Umgang mit solchen Anweisungen kann heikel sein. Wer sich einfach weigert, riskiert eine Ermahnung oder Abmahnung. Selbst eine Kündigung wegen Verstößen gegen Arbeitsanweisungen ist denkbar.

Das heißt nicht, dass Sie jede Arbeitsanweisung einfach schlucken und umsetzen müssen. Sie können das Thema ruhig bei Ihrem Chef oder Ihrer Chefin ansprechen, allerdings möglichst mit Fingerspitzengefühl, damit sich die Führungskraft nicht vor den Kopf gestoßen fühlt. Bleiben Sie also sachlich und freundlich. Sie könnten zum Beispiel sagen: „Ich mache mir Gedanken darüber, ob diese Herangehensweise der optimale Weg ist“ oder „Mit den Vorgaben stimmt das aber nicht überein, oder? Ich wollte nur sichergehen, dass ich dich richtig verstanden habe“.

Wenn der Arbeitgeber Sie dazu auffordert, gegen Gesetze oder andere Regeln zu verstoßen, müssen Sie dem nicht Folge leisten. Wenden Sie sich in solchen Fällen am besten an den Betriebsrat, der in Ihrem Sinne vermitteln kann.

Der Betriebsrat ist grundsätzlich ein guter Ansprechpartner, wenn es Probleme mit Arbeitsanweisungen gibt. Er vertritt die Interessen der Beschäftigten und kann einschätzen, ob Anweisungen rechtens sind.

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