Choleriker: Wie kann man auf sie reagieren?

Manche Menschen sind durch kaum etwas aus der Ruhe zu bringen. Andere fahren schneller aus der Haut; schon kleine Anlässe reichen, um eine heftige verbale Reaktion auszulösen. Das kann auf cholerische Wesenszüge hindeuten. Aber was ist ein Choleriker eigentlich? Wie erkennt man einen – und wie kann man am besten auf Choleriker reagieren? Das erfahren Sie hier.

Ein Koch ist Choleriker und guckt böse

Choleriker: Definition

Wenn jemand oft laut wird, heißt es schnell: Der ist ein Choleriker. Aber was ist ein Choleriker eigentlich? Wenn es heißt, jemand ist cholerisch – welche Bedeutung hat das?

Der Duden beschreibt einen Choleriker als „leidenschaftlichen, reizbaren, jähzornigen Menschen“. Das Wort cholerisch als Charakterbeschreibung geht auf den griechischen Arzt Hippokrates (460 v. Chr. – 370 v. Chr.) zurück. Hippokrates entwickelte eine Temperamentenlehre, die als älteste überlieferte Typologie verschiedener Persönlichkeiten gilt.

Ein Choleriker wurde von Hippokrates als ehrgeizig, willensstark, bestimmend, dickköpfig, hitzköpfig, ungeduldig und theatralisch charakterisiert. Nach Hippokrates sind Choleriker sich selbst die Nächsten und zeigen wenig Empathie für die Gefühle anderer. Außerdem hat der griechische Arzt Menschen mit cholerischen Charakterzügen eine geringe Frustrationstoleranz attestiert.

Das deutet auf cholerisches Verhalten hin

Wenn von einem Choleriker die Rede ist, ist meist ein Mensch gemeint, der schnell aus der Haut fährt. Bei dem Kleinigkeiten ausreichen, um einen veritablen Wutanfall auszulösen. Dabei neigen viele Menschen mit cholerischen Wesenszügen zu Ungeduld und impulsivem Verhalten. Sie lassen sich leicht auf die Palme bringen und zeigen in stressigen Situationen typischerweise eine geringe Selbstkontrolle.

Ein Choleriker ist damit meist jemand, der durch häufige und heftige Wutanfälle auffällt. Er reagiert schnell jähzornig und kann verbal ausfallend werden. Bei Wutausbrüchen wird ein Choleriker typischerweise sehr laut. Er zeigt oft eine objektiv betrachtet unangemessen starke Reaktion. Zugleich neigen Choleriker dazu, die Schuld bei anderen Menschen oder Umständen zu suchen. Choleriker sind häufig launisch, aufbrausend und können mit Kritik oder Widerspruch schlecht umgehen.

Warum Führungskräfte häufig cholerische Züge haben

Dass cholerische Menschen als besonders leidenschaftlich gelten, muss nicht nur negative Ausprägungen haben. Oft sind Choleriker überaus motiviert und engagiert, leisten viel und treiben Dinge voran. Ihre Willensstärke ist häufig sehr ausgeprägt, ebenso können sie dazu neigen, andere zu dominieren. Das ist der Grund, warum verhältnismäßig viele Chefs Choleriker sind. Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft und Entscheidungsfreude sind schließlich gefragte Merkmale bei einer Führungskraft.

Nicht jeder Mensch mit cholerischen Zügen trägt diese in jeder Situation nach außen. Manche Choleriker reagieren nur bei bestimmten Menschen mit geringer Frustrationstoleranz – etwa bei Menschen, mit denen sie sich nicht verstehen, oder im familiären oder partnerschaftlichen Umfeld. Wenn jemand privat mitunter cholerisches Verhalten zeigt, muss diese Eigenschaft nicht auch im beruflichen Umfeld offensichtlich sein. Wie ausgeprägt das cholerische Verhalten ist, unterscheidet sich also und ist letztlich eine Frage der Selbstkontrolle.

Der cholerische Chef: Eine Belastungsprobe

Im beruflichen Umfeld trifft man auf viele verschiedene Persönlichkeitstypen. Auch Menschen mit cholerischen Zügen sind darunter. Nicht selten ist es der Vorgesetzte, der durch seine aggressive und launenhafte Art auffällt. Wenn jemand einen Choleriker als Chef hat, kann das gravierende Auswirkungen haben.

Ein cholerischer Chef ist für Arbeitnehmer ein Stück weit unberechenbar. Sie wissen häufig nicht, wann der nächste Wutanfall kommt und wodurch er ausgelöst werden könnte. Viele Beschäftigte haben das Gefühl, sie müssten auf Eierschalen laufen, damit sich der Chef bloß nicht aufregt – schließlich reichen schon kleinste Anlässe, um ihn aus der Fassung zu bringen. Das sorgt häufig für eine angespannte Atmosphäre, die das Betriebsklima ebenso belasten kann wie die Mitarbeiterzufriedenheit.

Attackiert ein cholerischer Vorgesetzter seine Mitarbeiter regelmäßig, haben diese wahrscheinlich das Gefühl, nicht respektvoll behandelt zu werden. Sie können sich im Gegenteil gedemütigt fühlen – vor allem, wenn sie vor versammelter Mannschaft angegriffen wurden.

Ein cholerischer Vorgesetzter kann dem Unternehmen schaden

Oft staut sich bei den Opfern von Wutattacken ihrerseits Wut, weil sie sich gegen die Angriffe nicht so wehren könnten, wie sie das vielleicht gerne tun würden. Viele Arbeitnehmer trauen sich nicht, den Chef zurechtzuweisen oder ihn überhaupt auf seine cholerischen Reaktionen anzusprechen. Zu groß ist bei vielen die Angst vor negativen Konsequenzen für ihre Stellung und Zukunft im Unternehmen.

Langfristig kann ein cholerischer Chef großen Schaden anrichten. Mitarbeiter können von den Wutanfällen ihres Vorgesetzten stark gestresst werden. Das kann zu Krankschreibungen und Kündigungen führen, ebenso kann es sein, dass die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten verringert ist und sie weniger motiviert sind, im Job volle Power zu geben.

Eine hohe Fluktuation im Betrieb kann eine direkte Folge vom cholerischen Verhalten des Chefs sein. Darunter leiden nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch das Unternehmen insgesamt. Wenn die Mitarbeiter nicht zufrieden sind, engagieren sie sich weniger stark als sie könnten. Das kann sich direkt auf den Erfolg des Unternehmens auswirken.

Warum reagieren manche Menschen cholerisch?

Was entscheidet darüber, ob jemand zum Choleriker wird oder nicht? Viele Faktoren können dabei eine Rolle spielen. Mitunter ist cholerisches Verhalten die Begleiterscheinung von psychischen oder neurologischen Störungen. So zeigen etwa Menschen, die an einer Autismus-Spektrum-Störung leiden, häufig Aggressionen und Wut. Auch ADHS, die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung, kann mit einer Tendenz zu Wutanfällen einhergehen.

Narzissmus kann ebenfalls ein Grund für cholerisches Verhalten sein. Viele Führungskräfte haben narzisstische Persönlichkeitszüge. Merkmale wie Ehrgeiz und Machtgier, aber auch der Wunsch nach Anerkennung und Status, verhelfen Narzissten zu Führungspositionen. Außerdem sind sie häufig überaus charmant und wissen genau, was sie tun müssen, um andere von sich zu überzeugen.

Zugleich suchen Narzissten die Schuld bei anderen und haben ein geringes Einfühlungsvermögen. Ihre Selbstwahrnehmung ist verzerrt; oft halten sich Narzissten für intelligenter oder wertiger als andere. Zudem reagieren sie auf das Verhalten anderer leicht gekränkt, etwa, wenn ihnen scheinbar nicht der nötige Respekt gezollt wird. Heftige Wutanfälle und aggressives, verbal ausfallendes Verhalten können mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung einhergehen.

Ist der Chef schnell auf 180, ist das einerseits eine Frage seiner Persönlichkeit. Andererseits kommt es auch auf äußere Umstände an. Steht die Führungskraft unter enormem Druck, können sich die damit verbundenen negativen Gefühle durch Wutausbrüche entladen. Auch ein überforderter oder unsicherer Chef kann zu cholerischem Verhalten neigen. Er lässt seinen Stress dann an seinen Mitarbeitern aus.

Mit Cholerikern umgehen: Wie verhält man sich am besten?

Wie reagiert man am besten auf den Wutausbruch eines Cholerikers? Viele Betroffene sind unsicher. Sie wollen die Lage nicht verschlimmern, aber jegliche Kränkungen und Grenzüberschreitungen hinnehmen können oder wollen viele ebenfalls nicht. Was also tun?

Die beste Reaktion hängt vom Verhalten und der Persönlichkeit des Cholerikers ab. Jeder Mensch reagiert schließlich anders. Der eine ist in Situationen mit hoher Erregung eher empfänglich für sachliche Worte, ein anderer hört womöglich gar nicht erst hin, sondern regt sich noch weiter auf. Trotzdem gibt es einige generelle Dinge, die Sie im Umgang mit einem Choleriker tun können.

Bleiben Sie ruhig

Zugegeben, es ist nicht immer ganz einfach, ruhig zu bleiben, wenn man von einer anderen Person angeschrien wird. Trotzdem sollten Sie auf Aggression nicht mit Aggression reagieren, indem Sie etwa zurückschreien. Wenn Sie sich provozieren lassen, besteht die Gefahr, dass die Situation weiter eskaliert. Bleiben Sie deshalb möglichst gelassen und in möglichen Erwiderungen sachlich.

Nehmen Sie es nicht persönlich

Wenn jemand wütend ist, besteht die Gefahr, dass das Opfer der Wutattacke das Problem bei sich selbst sucht. Dabei reichen für Choleriker oft kleinste Anlässe, um auszurasten. Machen Sie sich also klar, dass Ihre eigene Rolle in der Entstehung der aggressiven Situation wahrscheinlich sehr gering ist. Das Problem hat in erster Linie die Person, die ihre Gefühle nicht im Griff hat – und nicht Sie. Es kann helfen, sich das zu vergegenwärtigen.

Ertragen Sie es stoisch

Im Umgang mit cholerischen Personen kann es sinnvoll sein, auf Durchzug zu schalten und den Ausraster stoisch zu ertragen. Das kann vor allem dann eine gute Lösung sein, wenn Sie überzeugt sind, dass Gespräche ohnehin zu nichts führen würden, und die andere Person regelmäßig cholerisch reagiert. Wenn ein Choleriker keinen Gegner findet, der sich auf eine Diskussion einlässt, verliert er womöglich das Interesse daran, die Auseinandersetzung fortzuführen. Es gibt allerdings auch Menschen, die noch wütender werden, wenn sie sich ignoriert fühlen.

Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen ein

Wenn eine cholerische Person einen verbalen Ausfall hat, sollten Sie sich nicht auf Diskussionen einlassen. Womöglich haben Sie zwar das Bedürfnis, Dinge klarzustellen oder darauf hinzuweisen, dass die Angelegenheit doch gar nicht so schlimm ist. Damit machen Sie es aber womöglich schlimmer – und den Choleriker wütender.

Hinzu kommt: Diskussionen führen in aller Regel zu nichts, wenn sie von allzu starken Emotionen geleitet sind. Mit Argumenten kommen Sie bei einer wütenden Person wahrscheinlich nicht weiter – zumal viele Choleriker glauben, dass sie im Recht sind. Widerstehen Sie insbesondere der Versuchung, sich zu rechtfertigen. Das kann als Eingeständnis eines tatsächlichen Fehlverhaltens verstanden werden.

Sie müssen sich nicht alles gefallen lassen

Es gibt zwar gute Argumente dafür, einen Wutanfall weitgehend zu ignorieren. Manchmal überschreiten Choleriker jedoch Grenzen – und können dann ruhig ihrerseits Grenzen erfahren. Wenn es für Sie nicht infrage kommt, auf Durchzug zu schalten, können Sie einer wütenden Person auch sagen, dass sie gerade zu weit geht.

Sie können etwa sagen, dass Sie nicht bereit sind, sich anbrüllen zu lassen, oder dass Sie das Gespräch unter diesen Umständen nicht weiterführen werden. Niemand kann Sie schließlich dazu zwingen, sich endlose Tiraden anzuhören. Aber Vorsicht: Bleiben Sie unbedingt sachlich und werden Sie nicht Ihrerseits ausfallend.

Mit höherrangigen Vorgesetzten sprechen

Wenn der Chef ein Choleriker ist, ist das häufig besonders unangenehm. Im Privatleben könnte man sich einer cholerischen Person schließlich leichter entziehen, im Job muss man sie ertragen. In manchen Fällen kann es zwar hilfreich sein, mit der cholerischen Person selbst das Gespräch zu suchen. Häufig sind Choleriker allerdings uneinsichtig, außerdem haben viele Arbeitnehmer Skrupel, den Chef auf ein Fehlverhalten anzusprechen. Meist ist es deshalb die bessere Lösung, sich übergeordnete Ansprechpartner im Unternehmen zu suchen.

Sie können sich etwa an den Betriebsrat wenden. Womöglich weiß man dort schon von der Situation. Sie können auch mit höherrangigen Vorgesetzten sprechen. Dafür kann es sinnvoll sein, sich mit anderen Kollegen zusammenzuschließen. Ihre Ausführungen haben dann mehr Gewicht und wirken glaubwürdiger. Wichtig: Bleiben Sie unbedingt sachlich und widerstehen Sie der Versuchung, schlecht über Ihren Vorgesetzten zu reden. Das wirkt unprofessionell.

Eigene Wut in den Griff bekommen: Was können Betroffene tun?

Es sind nicht immer die anderen – manchmal ist man selbst derjenige, der in bestimmten Situationen mit übermäßiger Wut und Aggressionen reagiert. Wer sich cholerisch verhalten hat, dem tut oft später leid, dass er die Fassung verloren hat. Was kann man tun, wenn man immer wieder unverhältnismäßig wütend wird?

Im ersten Schritt ist es wichtig, das Problem als solches zu erkennen. Überlegen Sie, wo die Ursachen für Ihre starken Gefühle liegen könnten. Dabei kann es helfen, eine Art Tagebuch zu führen: Wann haben Sie sich wütend gefühlt? Welche Auslöser hatten diese Gefühle? Entsprechende Notizen machen es leichter, Muster zu erkennen.

Wenn Sie wissen, was den Choleriker in Ihnen heraufbeschwört, können Sie an dem Problem arbeiten. Die Ursachen für Ihre Wut entscheiden darüber, welche Optionen Sie haben. Wenn Sie etwa häufig wütend auf andere reagieren, wenn Sie selbst gestresst sind, sollten Sie etwas gegen Ihren Stress tun. Das kann bedeuten, dass Sie gezielt entspannen – zum Beispiel mit Entspannungstechniken, Meditation, einem Buch oder einem heißen Bad. Es kann auch bedeuten, dass Sie Ihre Situation insgesamt überdenken. Womöglich muten Sie sich zu viel zu. Dann sollten Sie schauen, wo Sie kürzertreten können.

Lassen Sie die Wut heraus – kontrolliert

Um künftiger weniger heftig zu reagieren, ist es wichtig, dass Sie lernen, sich zu beherrschen. Es ist allerdings nicht gut, vorhandene Gefühle zu unterdrücken. Lassen Sie Ihre Wut deshalb raus und reagieren Sie sich ab – aber nicht gegenüber anderen Menschen, sondern für sich allein. Sie können in den Wald gehen und Ihre Wut herausschreien, Sie können sich aber auch körperlich auspowern. Gehen Sie joggen, kaufen Sie sich einen Boxsack oder fahren Sie Fahrrad. Probieren Sie am besten verschiedene Dinge aus, um die effektivsten Mittel gegen Wutgefühle ausfindig zu machen.

Wenn Sie in einer Akutsituation sind und die Wut in Ihnen aufsteigt, kann es helfen, tief ein- und auszuatmen. Wiederholen Sie das zehnmal, notfalls auch öfter. Oft ist es danach schon einfacher, etwas gelassener zu reagieren. Mit der Zeit werden Sie feststellen, dass es Ihnen immer leichter fällt, sachlich zu bleiben und sich nicht übermäßig aufzuregen.

Wenn Sie häufig cholerisch reagieren und das Gefühl haben, dass Sie keinerlei Kontrolle über Ihre Wutausbrüche haben, kann es ratsam sein, eine Therapie zu machen. Mit professioneller Unterstützung ist es oft leichter, Verhaltensweisen zu ändern.

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