Verhandlungsgeschick: Wie Sie ein Gefühl für das Verhandeln entwickeln

Verhandlungsgeschick entscheidet über den Ausgang einer Verhandlung. Jedoch müssen Sie sich nicht damit abfinden, dass Sie in jeder Verhandlung den Kürzeren ziehen. Verhandlungsgeschick lässt sich lernen. Wie das funktioniert, erfahren Sie hier.

Eine Mitarbeiterin erhält ein besseres Gehalt dank Verhandlungsgeschick

Verhandlungsgeschick: Was versteht man darunter?

Um in der Gehaltsverhandlung das Beste für sich herauszuholen, braucht man Verhandlungsgeschick. Aber was ist damit genau gemeint? Wer Verhandlungsgeschick besitzt, ist in der Lage, seine Interessen bestmöglich durchzusetzen.

Natürlich bedeutet das nicht, dass man ohne Rücksicht auf Verluste nur seine eigenen Ziele im Auge hat. Verhandlungsgeschick bedeutet vielmehr, dass man zwar seine Interessen verfolgt, seinem Verhandlungspartner aber ebenfalls Zugeständnisse macht. Würde man das nicht tun, würde der Verhandlungspartner mit einem unguten Gefühl zurückbleiben.

Die Folge: Jede weitere Verhandlung mit ihm wäre recht schwierig und – was vielleicht noch schlimmer ist – das Verhältnis zu ihm könnte nachhaltig belastet sein. Das ist für keine Beziehung, weder beruflich noch privat, wirklich erstrebenswert.

Verhandlungsgeschick lernen: So gelingt es

Mit etwas Übung und den richtigen Tipps können auch Sie Verhandlungsgeschick lernen und damit Ihre Aussichten auf ein positives Ergebnis deutlich verbessern.

Wie so häufig steht und fällt das Vorhaben mit der Vorbereitung. Wer ausreichend vorbereitet in die Verhandlung startet, hat gute Chancen, dass die Verhandlung eher nach seinen Vorstellungen verläuft. Zu einer guten Vorbereitung auf die Verhandlung gehören folgende Fragen:

  1. Haben Sie alle Informationen? Versuchen Sie vorab, so viele Informationen wie möglich zu sammeln. Wenn Sie sich in eine Gehaltsverhandlung begeben, sollten Sie zum Beispiel vorab klären, wie die wirtschaftliche Lage bei Ihrem Arbeitgeber aktuell ist und wie das kommende Jahr wohl aussehen wird. Sie können dazu auch beiläufig mit Kollegen sprechen. Haben diese im Jahresgespräch mehr Gehalt bekommen oder wurden sie bereits wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage vertröstet?
  2. Haben Sie die passenden Argumente? Bei einer Gehaltsverhandlung ist nicht nur entscheidend, wie die Aussichten für das Unternehmen sind. Sie müssen Ihren Arbeitgeber davon überzeugen, warum er Ihnen mehr Geld zahlen sollte. Und das schaffen Sie am besten, indem Sie die passenden Argumente parat haben. Was haben Sie in den vergangenen Monaten für das Unternehmen geleistet? Führen Sie Ihre Erfolge stichpunktartig auf – idealerweise können Sie diese sogar beziffern. Was können Sie im nächsten und im darauffolgenden Jahr zum Unternehmenserfolg beitragen? Planen Sie vielleicht eine spezielle Weiterbildung, mit der Sie mehr Verantwortung übernehmen können? Neben Ihren Stärken sollten Sie sich außerdem um Ihre Schwächen Gedanken machen. Denn Ihr Chef wird vermutlich nur sehr ungern einer Gehaltserhöhung zustimmen. Um Sie von Ihrem Vorhaben abzubringen, wird er daher vermutlich die Dinge aufführen, die noch ausbaufähig sind. Je besser Sie auf seine Einwände vorbereitet sind, umso besser können Sie diese entkräften. Auch das gehört zu einer guten Verhandlung dazu.
  3. Haben Sie eine Untergrenze definiert? Besonders bei einem starken Verhandlungspartner sollten Sie für sich vorab eine Grenze setzen. Wenn Ihnen klar ist, dass Sie unbedingt mehr Gehalt brauchen, sollten Sie Ihren Gehaltswunsch vor der Verhandlung festlegen. Sie könnten beispielsweise im Idealfall zehn Prozent mehr Gehalt verlangen. Um die gestiegenen Kosten zu decken, benötigen Sie im kommenden Jahr jedoch mindestens fünf Prozent mehr Gehalt. Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen jedoch nur drei Prozent anbietet, sollten Sie darauf nicht eingehen. Zumindest nicht sofort. Formulieren Sie klar und deutlich, warum Sie mindestens fünf Prozent mehr Gehalt brauchen und lassen Sie sich nicht so schnell auf eine geringere Summe ein.

Die 5 Phasen einer Verhandlung

Wenn Sie Verhandlungsgeschick lernen möchten, sollten Sie sich außerdem mit den typischen Phasen auseinandersetzen, die eine Verhandlung durchläuft. So wird es Ihnen leichter fallen, in der Verhandlung richtig zu reagieren. Und das wiederum kann Ihre Position stärken.

Experten unterscheiden in der Regel folgende fünf Phasen in einer Verhandlung:

1. Aufmerksam zuhören

Statt selbst mit der Maximalforderung ins Gespräch zu starten, sollten Sie Ihr Gegenüber reden lassen. Dieses Vorgehen hat einen entscheidenden Vorteil: Sie erfahren, was Ihr Verhandlungspartner möchte. Im nächsten Schritt können Sie auf seine Argumente eingehen und sie im besten Fall direkt widerlegen.

Aber noch aus einem weiteren Grund ist aktives Zuhören wichtig. Denn damit signalisieren Sie Ihrem Gesprächspartner, dass Sie daran interessiert sind, was er Ihnen zu sagen hat. Das wiederum zeigt Wertschätzung und ist eine wichtige Voraussetzung, um zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Aktives Zuhören zeigen Sie durch:

  • Blickkontakt
  • interessierte Nachfragen
  • Paraphrasieren des Gehörten
  • offene Körpersprache

Wenn das Gespräch so startet, ist das eine gute Ausgangsposition, um in die Verhandlung einzusteigen. Die Positionen sind auf diese Weise noch offen und verhandelbar.

2. Position verstehen

Im nächsten Schritt der Verhandlung geht es weiter darum, die Position Ihres Gegenübers besser zu verstehen. Versuchen Sie, die Motive Ihres Gesprächspartners herauszufinden. Vielleicht möchte Ihr Arbeitgeber Ihnen gerne mehr Geld zahlen, jedoch halten ihn äußere Umstände davon ab.

Das muss nicht immer die wirtschaftliche Lage sein. In manchen Fällen möchte er anderen langjährigen Mitarbeitern nicht vor den Kopf stoßen, indem er Ihnen mehr Geld zahlt, den anderen Mitarbeitern aber nicht. Oder es gibt klare Vorgaben von der Konzernleitung, dass in den nächsten sechs Monaten nicht mehr Geld ausgegeben werden soll.

Im professionellen Umfeld ist es meist gar nicht so einfach, die zugrundeliegenden Motive seines Gegenübers zu erfahren. Das gelingt uns dagegen im privaten Umfeld mit Freunden und der Familie leichter.

3. Verständnis entgegenbringen

Zum Verhandlungsgeschick gehört in erster Linie, die Beziehungsebene nicht aus den Augen zu verlieren. Das heißt, dass Sie Verständnis für die Ziele und Motive Ihres Gegenübers aufbringen sollten. Auch, und vor allem dann, wenn Sie diese nicht nachvollziehen können.

Für Sie ist es wahrscheinlich keine gute Nachricht, dass Ihre Gehaltserhöhung viel geringer ausfällt, als Sie sich vorgestellt haben. Trotzdem müssen Sie weiterhin Empathie und Verständnis zeigen. Schließlich wird das voraussichtlich nicht die letzte Verhandlung sein, die Sie mit dieser Person führen.

Zeigen Sie Verständnis für die Position Ihres Gegenübers, wird Ihnen das in den weiteren Verhandlungen helfen. Denn mit diesem Verhalten gewinnen Sie das Vertrauen Ihres Verhandlungspartners. Und genau das wird in der nächsten Phase der Verhandlung entscheidend sein.

4. Verhandlung beginnen

Erst in dieser vierten Phase des Gesprächs beginnt die eigentliche Verhandlung. Sie kennen nun die Beweggründe Ihres Verhandlungspartners und haben sein Vertrauen gewonnen. Das ist eine sehr gute Ausgangsposition für die nun beginnende eigentliche Verhandlung.

Nun geht es darum, die eigenen Ziele, Vorstellungen und vor allem die Argumente, die für die eigene Position sprechen, vorzutragen. Wenn in den vorhergehenden Phasen alles nach Plan gelaufen ist, sollte Ihr Verhandlungspartner offen für Ihre Argumente sein.

Es sollte ihm nicht in erster Linie darum gehen, Ihre Argumente und Forderungen abzuschmettern. Stattdessen ist er bereit, Ihnen zuzuhören und sich im besten Fall von Ihren Zielen überzeugen zu lassen. Zumindest bis zu einem gewissen Grad.

5. Kompromiss finden

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird Ihr Arbeitgeber Ihrer ersten Forderung nach zehn Prozent mehr Gehalt nicht zustimmen. Stattdessen besteht eine gute Verhandlung eben darin, sich auf einen tragbaren Kompromiss für beide Seiten zu einigen. Und genau in dieser Phase befinden wir uns jetzt.

Sie haben Ihr Ziel so hoch gesetzt, dass Sie in der Lage sind, Ihrem Verhandlungspartner ein Stück entgegenzukommen. Ihr Gesprächspartner wird das vermutlich auch tun und sich Ihrer Position ein wenig annähern.

Je besser Sie beide auf der zwischenmenschlichen Ebene funktionieren, umso besser werden Sie beide zu einem guten Kompromiss finden. Daher ist es immens wichtig, dass Sie den Phasen 1-4 der Verhandlung möglichst viel Aufmerksamkeit schenken.

Tipps für mehr Verhandlungsgeschick: Darauf sollten Sie achten

Verhandlungsgeschick ist vor allem eins: Training. Sie sollten daher jede Möglichkeit nutzen, um eine Verhandlung zu führen. Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen, ein echter Verhandlungsprofi zu werden:

  1. Achten Sie auf wertschätzende Kommunikation.
  2. Nutzen Sie die Feedbackregeln.
  3. Nehmen Sie die Perspektive Ihres Gegenübers ein.
  4. Finden Sie vor der Verhandlung so viel wie möglich über Ihren Gesprächspartner heraus.
  5. Bleiben Sie ruhig und wiederholen Sie Ihre Forderungen.
  6. Lassen Sie sich auf einen Kompromiss ein und interpretieren Sie diesen nicht als Niederlage.

Bildnachweis: voronaman / Shutterstock.com

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