Ausbildung verkürzen: Als Azubi auf der Überholspur

Eine Ausbildung gehört zu den wichtigsten Qualifikationen im Leben junger Menschen. Wer sie erfolgreich absolviert, kann ins Erwerbsleben einsteigen und Geld verdienen. In den meist drei Jahren der Ausbildung müssen Azubis allerdings mit einem geringen Ausbildungsgehalt leben – und besonders großen Spaß macht die Ausbildung auch nicht immer. Umso mehr freuen sich viele Auszubildende, wenn sie ihre Ausbildung verkürzen können. Hier erfahren Sie, unter welchen Bedingungen das möglich ist.

Ein junger Mann jubelt er konnte die Ausbildung verkürzen

Eine verkürzte Ausbildung ist oft möglich

Eine Berufsausbildung ist eine Investition in die Zukunft. Wer eine Lehre erfolgreich beendet, legt damit den Grundstein für eine erfolgreiche berufliche Laufbahn. Es ist allerdings eine Investition, die Zeit kostet – und indirekt häufig auch Geld.

Während der meist drei Jahre, die die Ausbildung üblicherweise dauert, erhalten Azubis nur ein vergleichsweise geringes Ausbildungsgehalt. Besonders für Azubis, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, ist das häufig ein Problem, denn gerade in Städten mit hohen Mieten reicht der Verdienst kaum zum Leben. In solchen Fällen müssen manche Auszubildende Kredite aufnehmen oder sich privat Geld leihen, damit sie über die Runden kommen.

Viele Azubis interessieren sich deshalb für Möglichkeiten, die Ausbildung zu verkürzen. Die reguläre Dauer einer Berufsausbildung ist in der Ausbildungsordnung festgelegt. Die meisten Ausbildungen dauern regulär drei bis dreieinhalb Jahre. Es gibt auch kürzere Ausbildungen.

Wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, können Azubis ihre Ausbildung mit der Zustimmung des Ausbildungsbetriebs verkürzen. Das ist nur möglich, wenn zu erwarten ist, dass der Auszubildende das Ziel der Ausbildung auch in dieser kürzeren Spanne erreichen kann.

Manchmal steht schon zum Beginn einer Ausbildung fest, dass eine verkürzte Ausbildung angestrebt wird. Dann kann sich der Lehrling mit dem Ausbildungsbetrieb schon im Vorfeld darauf einigen und die Verkürzung auch vertraglich festhalten. Ebenso ist es möglich, im Verlauf der Ausbildung die Entscheidung für eine Verkürzung zu treffen. Eine verkürzte Ausbildung ist dann möglich, wenn die zuständige Stelle dem zustimmt.

Voraussetzungen: Wann kann man die Ausbildung verkürzen?

Eine Ausbildung zu verkürzen ist unter bestimmten Voraussetzungen in vielen Fällen möglich. Bestimmte Szenarien, die wir Ihnen im Anschluss vorstellen, können dazu führen, dass Lehrlinge schneller mit der Berufsausbildung fertig sind. Sind gleich mehrere Voraussetzungen für eine verkürzte Ausbildung erfüllt, können diese grundsätzlich miteinander kombiniert werden und für eine noch kürzere Ausbildung sorgen. Es gelten jedoch Mindestausbildungszeiten, die nicht unterschritten werden dürfen:

  • eine dreieinhalbjährige Ausbildung darf nicht weniger als zwei Jahre dauern
  • eine dreijährige Ausbildung darf nicht weniger als anderthalb Jahre dauern
  • eine zweijährige Ausbildung darf nicht weniger als ein Jahr dauern

Höherer Schulabschluss

Sie möchten eine Ausbildung machen, für die Sie einen Realschulabschluss brauchen – haben aber Abitur gemacht? Dann ist es prinzipiell möglich, die Ausbildung aufgrund Ihrer schulischen Vorbildung zu verkürzen. Dasselbe gilt, wenn ein Hauptschulabschluss gefordert, aber ein Realschulabschluss vorhanden ist. In diesem Fall ist eine Verkürzung der Ausbildung um sechs Monate möglich, mit Abitur um ein Jahr.

Sie haben schon eine Ausbildung angefangen

Für junge Menschen ist es oft nicht leicht, sich auf eine berufliche Richtung festzulegen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass viele mehrere Ausbildungen beginnen, bis das Richtige dabei ist. Falls Sie schon eine erste Ausbildung gemacht oder begonnen haben, kann das dazu berechtigen, die zweite Ausbildung zu verkürzen. Das geht aber nur, wenn sich Inhalte aus beiden Ausbildungen zumindest teilweise decken. Im besten Fall können Sie sich das ganze erste Jahr Ihrer vorherigen Ausbildung anrechnen lassen – mitunter sogar noch mehr.

Berufliche Vorbildung

Haben Sie ein Berufsgrundbildungsjahr absolviert oder waren auf einer Berufsfachschule? Dann kann es möglich sein, die Ausbildung zu verkürzen. Oft können Sie dadurch bis zu einem Jahr einsparen. Wie viel Zeit Sie sich gutschreiben lassen können, hängt von den Regelungen im jeweiligen Bundesland ab. Auch, wer ein Praktikum im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung vorweisen kann, hat gute Aussichten auf eine verkürzte Ausbildung.

Sie haben schon in diesem Beruf gearbeitet

Sie haben ohne Berufsausbildung bereits in Ihrem Ausbildungsberuf gearbeitet? In diesem Fall kann es möglich sein, die Ausbildung ganz zu umgehen und stattdessen direkt die Abschlussprüfung abzulegen. Das geht nur, wenn Sie mindestens anderthalbmal so lange im jeweiligen Bereich gearbeitet haben wie die Ausbildung regulär dauern würde. Wenn die Ausbildung normalerweise drei Jahre umfassen würde, müssten Sie also mindestens viereinhalb Jahre Berufserfahrung vorweisen. Es ist auch möglich, sich Ausbildungszeiten anrechnen zu lassen, wenn sie inhaltlich zur jetzigen Richtung passen.

Ausbildung verkürzen durch gute Leistungen

Eine Ausbildungsverkürzung ist daran geknüpft, ob Sie die Ausbildung voraussichtlich auch in kürzerer Zeit schaffen. Darauf deuten gute Noten in der Ausbildung hin. Wer einen Notenschnitt von mindestens „gut“ beziehungsweise 2,49 hat, kann seine Ausbildung grundsätzlich verkürzen. Dazu muss auch der Ausbildungsbetrieb zufrieden sein und dem Azubi mindestens gute Leistungen attestieren. Eine verkürzte Ausbildung wegen guter Leistungen ist erst nach der bestandenen Zwischenprüfung möglich. Die Abschlussprüfung kann dann vorgezogen werden und die Ausbildung endet vorzeitig mit dem Bestehen.

Ausbildung verkürzen: Wie kann man es beantragen?

Eine Ausbildung kann nur verkürzt werden, wenn die zuständige Stelle zustimmt. Das ist meist die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Handwerkskammer. Einen Antrag auf eine Verkürzung der Ausbildung können Sie schriftlich stellen. Entsprechende Vordrucke finden Sie bei der zuständigen Kammer. Oft können Sie den Antrag auch gleich online abschicken.

Bei einer Ausbildungsverkürzung muss Ihr Ausbildungsbetrieb an Bord sein. Für die jeweilige Kammer ist entscheidend, wie der Betrieb zur verkürzten Ausbildung steht. Deshalb ist es empfehlenswert, den Antrag gemeinsam mit dem Verantwortlichen im Betrieb zu stellen. So kann er schneller bearbeitet werden.

Um eine Ausbildung wegen guter Noten zu verkürzen, müssen Sie Ihr Zwischenzeugnis ebenso einreichen wie Ihr Berichtsheft. Sie benötigen auch in diesem Fall eine Bestätigung des Ausbildungsbetriebs. Wenn Sie nicht sicher sind, welche Unterlagen benötigt werden, um Ihre Ausbildung zu verkürzen über IHK oder Handwerkskammer, fragen Sie am besten direkt bei der zuständigen Stelle nach.

Welche Fristen gelten für eine Verkürzung der Ausbildung?

Wenn Sie Ihre Ausbildung verkürzen möchten, ist es sinnvoll, das so früh wie möglich in die Wege zu leiten. Manche Azubis wissen schon vor dem Beginn einer Ausbildung, dass sie eine Verkürzung anstreben. In diesem Fall ist es eine gute Idee, bereits im Vorfeld mit dem Ausbildungsbetrieb darüber zu sprechen. Dieser muss einer Verkürzung schließlich zustimmen. Wenn sich beide Seiten einig sind, kann die Verkürzung schon zu Beginn beantragt werden.

Oft stellt sich erst später heraus, dass eine verkürzte Ausbildung möglich wäre – zum Beispiel wegen guter Noten in der Berufsschule. Es ist kein Problem, eine Verkürzung erst im Laufe der Ausbildung zu beantragen. Das geht allerdings nur bis zu einem Jahr vor dem eigentlich angedachten Ende der Ausbildung. Denken Sie auch an die Fristen zur Anmeldung zur (vorgezogenen) Abschlussprüfung. Dafür gelten in der Regel die üblichen Anmeldefristen.

Ausbildung verkürzen: Vorteile & Nachteile

Soll ich – oder soll ich nicht? Viele Azubis tun sich schwer mit der Entscheidung, ob sie ihre Ausbildung verkürzen oder es lieber bei der regulären Ausbildungsdauer belassen sollen. Die Vorteile und Nachteile einer verkürzten Ausbildung zu kennen ist in solchen Fällen sehr hilfreich. Die wichtigsten Punkte, die für beziehungsweise gegen eine Verkürzung der Ausbildung sprechen, finden Sie hier im Überblick.

Die Vorteile einer verkürzten Ausbildung

  • Wer schneller mit der Ausbildung fertig ist, kann schneller Geld verdienen. Das ist besonders dann ein wichtiges Argument, wenn ein Azubi eine eigene Wohnung (oder ein WG-Zimmer) finanzieren muss und nicht mehr kostenlos bei den Eltern lebt.
  • Für viele Azubis ist die Ausbildung nur mäßig spannend, zum Beispiel, weil sie sich unterfordert fühlen oder nur Aufgaben bekommen, die anspruchslos oder langweilig sind. Wer hingegen einen Job hat, übernimmt auch mehr Verantwortung und hat oft mehr Spaß bei der Arbeit.
  • Manche Azubis fühlen sich in ihrem Ausbildungsbetrieb nicht wohl. Wenn ein Wechsel zu einem anderen Ausbildungsbetrieb nicht infrage kommt, kann eine verkürzte Ausbildung die Lösung darstellen.
  • Besonders Azubis, die schon zu Beginn ihrer Ausbildung wissen, dass sie verkürzen möchten, haben genug Zeit, sich darauf einzustellen. Mit etwas Fleiß ist es meist kein Problem, die Prüfungen trotzdem gut zu schaffen.
  • Es kann bei späteren Arbeitgebern gut ankommen, wenn Sie Ihre Ausbildung verkürzt haben. Schließlich spricht das für Ihren Ehrgeiz und Ihre Einsatzbereitschaft.

Die Nachteile einer verkürzten Ausbildung

  • Wer die Ausbildung verkürzt, muss den Stoff in kürzerer Zeit lernen. Eine Verkürzung der Ausbildung geht oft zulasten der Freizeit, in der man den verpassten Stoff nachholen muss. Es kann deshalb entspannter sein, die Ausbildung in der regulären Dauer zu absolvieren.
  • In manchen Fällen sind die Jobaussichten nach der Ausbildung nicht allzu gut, weil der Arbeitsmarkt angespannt ist. Manchen Azubis ist es unter solchen Umständen lieber, einen sicheren Ausbildungsplatz länger zu behalten, statt womöglich arbeitslos zu sein und gar kein Einkommen zu haben.

Bildnachweis: sebra / Shutterstock.com

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