Rhetorische Fragen: Wirkung, Sinn und Beispiele

Rhetorische Fragen haben ihren Ursprung in der Redekunst der großen griechischen und römischen Redner. Und auch heute noch wird diese Form der Frage häufig und gerne genutzt. Woran sie rhetorische Fragen erkennen und wie Sie darauf reagieren können, erfahren Sie jetzt.

Eine Frau stellt eine rhetorische Frage in einem Gespräch

Definition: Was sind rhetorische Fragen?

„Können Sie mir sagen, wie ich zum Bahnhof komme?“ Oder „Bis wann soll die Präsentation für den Chef nochmal fertig sein?“ sind normale Fragen, wie wir sie in unserer alltäglichen Kommunikation ständig verwenden.

Im Gegensatz zu diesen herkömmlichen Fragen gibt es auch die rhetorischen Fragen. „Habe ich dir das nicht gleich gesagt?“: Wenn Sie diese rhetorische Frage stellen, erwarten Sie wohl kaum, dass Ihr Gegenüber darauf mit Ja oder Nein antwortet. Eine solche Aussage ist nur scheinbar eine Frage und vielmehr eine Reaktion.

Die rhetorische Frage dient nicht dazu, dass der Sprecher im weiteren Verlauf der Konversation mehr Informationen erhält, sondern dazu, seinen eigenen Standpunkt kundzutun. Daher nennt man die rhetorische Frage auch Scheinfrage.

Wann setze ich rhetorische Fragen ein? Die Wirkung der Scheinfrage

Was will man mit rhetorischen Fragen erreichen? Als Stilmittel der Redekunst dient die Scheinfrage dazu, die Argumente des Redners zu bekräftigen.

Mit der rhetorischen Frage möchte der Redner die Zustimmung oder die Ablehnung des Hörers hervorrufen. „Wollen Sie wirklich, dass das Konkurrenzunternehmen den Auftrag bekommt?“ Stellt Ihr Vorgesetzter oder Chef Ihnen diese Frage, dürfte klar sein, dass er darauf kein Ja oder Nein erwartet. Vielmehr möchte er Sie mit der rhetorischen Frage dazu bringen, dass Sie noch einmal über die Präsentation oder das Angebot nachdenken und nachverbessern.

Die rhetorische Frage wird außerdem gerne in Reden verwendet, weil sie das Potenzial hat, einen Denkprozess beim Hörer auszulösen. Eine Rede, wie zum Beispiel die Ansprache zum Jahreswechsel prominenter Politiker, ist die klassische Form eines Monologs. Kein Redner erwartet, dass das Publikum auf die Rede antwortet.

Doch wie wirkt dabei die rhetorische Frage, wie zum Beispiel eine der bekanntesten rhetorischen Fragen überhaupt, die von Cicero in der ersten Rede gegen Catilina am 7. November 63 v. Chr. geäußert wurde: „Wie lange noch, Catilina, wirst du unsere Geduld missbrauchen?“

Scheinfrage und Suggestivfrage

Dieses rhetorische Stilmittel zielt darauf ab, die Hörer in eine gewisse Richtung zu lenken und sie zu beeinflussen. Hin und wieder ist die Scheinfrage auch dazu da, das Gegenüber so stark zu beeinflussen, dass man schon fast von Manipulation reden könnte. Dabei sprechen wir jedoch nicht mehr von einer rhetorischen, sondern einer Suggestivfrage.

Was natürlich nicht heißt, dass die rhetorische Frage als Stilmittel keine Wirkung hätte. Einzelne Aspekte an einem bestimmten Sachverhalt positiv oder negativ hervorzuheben, gelingt auch so.

Besonders beliebt sind rhetorische Fragen, um sogenannte Totschlagargumente zu untermauern. Diese Redemittel stützt sich nicht auf Fakten, Daten oder allgemeine Meinungen, sondern auf Scheinargumente.

Rhetorische Fragen, die zu diesem Kniff verwendet werden, lauten zum Beispiel:

  • „Das ist doch wohl offensichtlich, oder?“
  • „Zweifeln Sie etwa daran?“
  • „Wir müssen uns wohl nicht darüber unterhalten, dass diese Tatsache schon lange bewiesen ist, oder?“

Unterschied: rhetorische Frage und Suggestivfrage

Die rhetorische Frage möchte den Zuhörer in eine gewisse Richtung lenken. Eine ähnliche Zielrichtung verfolgen auch die Suggestivfragen. Sie sind jedoch manipulativer als die rhetorischen Fragen.

Eine typische Suggestivfrage lautet zum Beispiel: „Du willst doch sicher auch nicht, dass sich das Klima noch weiter erwärmt, oder?“

Der Hörer der Frage hat nun kaum eine Wahl, wie er auf diese Frage antworten soll. Denn die Antwort ist bereits in der Frage enthalten. Der Fragende geht nämlich davon aus, dass sein Gegenüber natürlich nicht möchte, dass sich das Klima erwärmt. Er nutzt die Suggestivfrage, um seinen Gesprächspartner auf eine ganz bestimmte Fährte zu bringen und so den weiteren Verlauf der Konversation festzulegen.

Der nächste Satz könnte dann zum Beispiel lauten, dass sein Gesprächspartner dann unbedingt ein E-Auto kaufen müsse, weil nur damit eine positive Klimabilanz gewährleistet werden könne. Oder dass er – wenn er wirklich das Klima schonen möchte – von nun an vegan leben müsse.

Es gibt also zwei große Unterschiede zwischen der rhetorischen Frage und der Suggestivfrage:

  1. Die Suggestivfrage versucht, den Gesprächspartner zu überreden und ihn in eine bestimmte Richtung zu drängen.
  2. Auf eine Suggestivfrage erwartet der Fragende tatsächlich eine Antwort. Jedoch gibt der Fragende die Optionen für die Antwort bereits vor.

Wie antworte ich auf rhetorische Fragen?

Wie antworte ich auf eine rhetorische Frage? Oder besser ausgedrückt: Wie reagiere ich auf eine rhetorische Frage? Denn eine Antwort will der Sprecher in der Regel ja gar nicht hören.

Ihre Reaktion hängt daher davon ab, was Sie erreichen möchten. Entschließen Sie sich wirklich dazu, die rhetorische Frage zu beantworten, wird das vermutlich zu einer Diskussion mit Ihrem Gegenüber führen. Denn dieser versteht die rhetorische Frage eben nicht als Frage, sondern als eine andere Form der Aussage.

Reagieren Sie auf „Seid ihr denn alle inkompetent?“ mit einem „Wir passen uns eben unserer Umgebung an.“ können Sie davon ausgehen, dass das der Auftakt zu einer etwas längeren Konversation ist. Nicht selten endet diese Konversation auch im Streit.

Das heißt wiederum nicht, dass Sie sich jede Unverschämtheit, die das Gewand einer rhetorischen Frage trägt, gefallen lassen müssten. Wenn es Ihnen zu bunt wird, können Sie das Gespräch auf die Sachebene zurückführen. Das bietet sich übrigens bei vielen weiteren Gesprächen, die nicht nach Ihren Wünschen verlaufen, ebenfalls an.

Die Sachebene finden Sie, indem Sie Ihren Gesprächspartner bitten, zu erläutern, was er mit seiner Aussage meint. Häufig setzt dann ein Denkprozess beim Sprecher ein. Ihm fällt meist auf, dass seine rhetorische Frage eher eine Beleidigung war. Je nachdem, wie Ihr Gesprächspartner gestrickt ist, können Sie mit einer Entschuldigung rechnen oder in vielen Fällen beendet er das Gespräch relativ zügig – und das wäre auf jeden Fall besser, als sich weiter beleidigen zu lassen.

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