Überstundenausgleich: Welche Möglichkeiten gibt es?

Viele Arbeitnehmer machen regelmäßig Überstunden. Dann stellt sich die Frage nach einem Überstundenausgleich in Form von mehr Geld oder Freizeit. Welche Rechte haben Beschäftigte? Darf der Chef alleine entscheiden, in welcher Form ein Überstundenausgleich gewährt wird? Und wann sind Überstunden ohne Ausgleich zulässig? Hier erfahren Sie es.

Ein Mann arbeitet abends im Büro, er erhält einen Überstundenausgleich

Überstundenausgleich: Wann besteht Anspruch darauf?

Überstunden macht wohl jeder Arbeitnehmer zumindest gelegentlich. Mal steht ein wichtiges Projekt kurz vor dem Abschluss, mal muss man die Arbeit eines erkrankten Kollegen übernehmen und braucht deshalb länger, und mal geht es darum, schnell noch eine Präsentation fertigzustellen. Um Überstunden handelt es sich immer dann, wenn jemand mehr Stunden macht als vertraglich vereinbart.

Hin und wieder Überstunden machen zu müssen ist für viele Arbeitnehmer kein Problem – zumindest, wenn es dafür einen Ausgleich gibt. Wann besteht Anspruch auf einen Überstundenausgleich? Zunächst einmal müssen Sie dafür tatsächlich Überstunden im eigentlichen Sinn gemacht haben. Das mag für Sie selbstverständlich sein, ist aber an bestimmte Kriterien geknüpft.

Der Chef muss von den Überstunden wissen

Überstunden setzen voraus, dass der Arbeitgeber sie angeordnet hat oder zumindest davon weiß und die Überstunden toleriert. Genau das ist bei vielen Beschäftigten nicht so. Sie arbeiten still und heimlich unaufgefordert mehr, als sie müssten – und niemand bemerkt es. Das ist doppelt ärgerlich, denn unter diesen Umständen können Sie keinen Anspruch auf einen Überstundenausgleich geltend machen. Wenn Sie Überstunden machen, sollten Sie also dafür sorgen, dass der Vorgesetzte das mitbekommen. Es ist sinnvoll, Überstunden genau zu dokumentieren.

Ob Ihnen ein Überstundenausgleich zusteht, hängt außerdem davon ab, wie viele Überstunden Sie gemacht haben und wie das Thema Überstunden in Ihrem Fall geregelt ist. Aufschlussreich ist diesbezüglich der Arbeitsvertrag. Auch ein geltender Tarifvertrag kann Regelungen zum Umgang mit Überstunden enthalten. Gibt es keine gesonderte Überstundenregelung, haben Sie ab der ersten Überstunde Anspruch auf einen Überstundenausgleich.

Überstundenausgleich: Diese Optionen gibt es

Grundsätzlich gibt es bei einem Überstundenausgleich zwei Möglichkeiten: Der Ausgleich kann finanzieller Art sein oder Sie erhalten an anderer Stelle mehr Freizeit.

Einen Überstundenausgleich in Form von mehr Geld erhalten Sie zusammen mit Ihrem Gehalt. Meistens entspricht ein solcher Überstundenausgleich dem üblichen Stundenlohn, wodurch die Bezahlung mit der für reguläre Arbeitszeiten gleichzusetzen ist.

Es kann jedoch auch ein Überstundenzuschlag vorgesehen sein. Überstundenzuschläge sind häufig in Tarifverträgen vorgesehen. Üblich ist ein Zuschlag von 25 Prozent des üblichen Stundenlohns. Auch im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung kann die Zahlung eines Überstundenzuschlags geregelt werden.

Dass Überstunden durch eine höhere Bezahlung abgegolten werden, ist ein gängiges Verfahren. Diese Variante darf allerdings nicht dazu führen, dass gesetzliche Vorgaben zur zulässigen Höchstarbeitszeit unterlaufen werden. Im Regelfall sind maximal 48 Stunden Arbeit pro Woche erlaubt, in Ausnahmefällen auch bis zu 60. Diese Mehrarbeit muss jedoch zeitnah ausgeglichen werden. Überstunden, die über das gesetzlich zulässige Maximum hinausgehen, dürfen nicht ausschließlich durch mehr Geld kompensiert werden.

Die andere Variante des Überstundenausgleichs ist der Freizeitausgleich. Ein Arbeitnehmer, der zu bestimmten Zeiten länger bleibt, kann an einem anderen Tag früher gehen oder hat gleich einen freien Tag. Ein Freizeitausgleich muss immer mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden. Sie können nicht selbst entscheiden, wann Sie früher gehen, später kommen oder zuhause bleiben.

Darf der Chef entscheiden, wie der Überstundenausgleich gehandhabt wird?

Freizeitausgleich oder mehr Geld für Überstunden: Viele Arbeitnehmer haben genaue Vorstellungen davon, welche Variante sie bevorzugen. Kann man sich als Arbeitnehmer aussuchen, in welcher Form der Überstundenausgleich gewährt wird? Nicht unbedingt, denn der Arbeitgeber hat ein Wörtchen mitzureden. Es kommt außerdem darauf an, wie das Thema Überstunden im Arbeitsvertrag, einem anwendbaren Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung geregelt ist.

Sieht die Regelung zum Beispiel standardmäßig einen Freizeitausgleich vor, kann der Arbeitgeber sich darauf berufen. Eine Vergütung für Überstunden wird dann nur fällig, wenn ein Freizeitausgleich nicht (rechtzeitig) möglich ist.

Ebenso kann die gängige Praxis sein, dass Überstunden bezahlt werden, statt einen Freizeitausgleich zu gewähren. Auch das ist prinzipiell erlaubt – es sei denn, diese Regelung würde zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen.

Als Arbeitnehmer haben Sie auch keinen Anspruch darauf, den Freizeitausgleich zu einem bestimmten Zeitpunkt zu nehmen. Viele Beschäftigte nutzen angesammelte Überstunden, um damit ihren Urlaub zu verlängern. Da muss der Arbeitgeber allerdings nicht mitmachen: Er kann bestimmen, wann der beste Zeitpunkt für einen Freizeitausgleich ist.

Freizeitausgleich oder finanzielle Abgeltung von Überstunden: Was ist besser?

Nicht jeder Arbeitnehmer kann sich aussuchen, ob er lieber einen Überstundenausgleich in Form von Freizeit oder mehr Geld hätte. Wenn Sie aber die Wahl zwischen beidem haben, fragen Sie sich womöglich, welche Variante besser ist. Die kurze Antwort: beides hat Vor- und Nachteile.

Wenn Sie sich Überstunden ausbezahlen lassen, liegt der Vorteil auf der Hand: Sie haben mehr Geld zur Verfügung. Allerdings erhöht sich dadurch auch Ihr Gesamteinkommen, was dazu führt, dass Sie mehr Steuern zahlen müssen. Dadurch kann der reelle Gewinn, den Sie durch den Überstundenausgleich haben, stark gemindert werden. Oft bleibt von den zusätzlichen Einnahmen wenig übrig. In diesen Fällen hat sich die Arbeit für die Betroffenen kaum gelohnt.

Ein Überstundenausgleich durch Freizeit führt dazu, dass Beschäftigte mehr Freizeit haben. Das kann ein großer Gewinn sein, denn gerade, wer ohnehin schon ständig Überstunden macht, ist oft gestresst und hat zu wenig Zeit für sich. Mehr Geld auf dem Konto ist zwar ebenfalls wünschenswert, aber der Work-Life-Balance weniger zuträglich als ein Freizeitausgleich. Der Nachteil dieser Variante ist klar: Die zusätzliche Arbeit wird nicht durch eine höhere Vergütung gewürdigt.

Überstunden ohne Ausgleich: Ist das erlaubt?

Viele Überstunden sind unbezahlt. Das kann verschiedene Gründe haben. Es kommt häufig vor, dass Arbeitnehmer länger arbeiten als vertraglich vereinbart, der Arbeitgeber davon aber gar nichts mitbekommt. Nicht jeder Beschäftigte informiert den Vorgesetzten darüber, wenn er länger geblieben ist. Somit kann es auch keinen Überstundenausgleich in Form von Freizeit oder mehr Geld geben.

In anderen Fällen weigert sich der Arbeitgeber, Überstunden angemessen zu kompensieren. Dann steht womöglich im Arbeitsvertrag, dass alle Überstunden mit dem Grundgehalt abgegolten sind. Eine solche Formulierung ist zwar nicht zulässig, wird aber dennoch immer wieder verwendet.

Nach der aktuellen Rechtsprechung müssen Arbeitgeber Regelungen zu Überstunden möglichst konkret formulieren. Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 17. August 2011 klargestellt, dass der Arbeitnehmer wissen muss, worauf er sich im Hinblick auf Überstunden einstellen kann (vgl. Az. 5 AZR 406/10). Will der Arbeitgeber Überstunden pauschal mit dem regulären Gehalt abgelten, verstößt das nach Ansicht des Gerichts gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 3 S. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Somit darf der Arbeitgeber Sie nicht dazu auffordern, endlos Überstunden zu machen, ohne Ihnen dafür einen Überstundenausgleich durch Freizeit oder mehr Geld zu gewähren. Es gibt allerdings Ausnahmen für bestimmte Positionen.

Wer einen hochrangigen Job mit einer entsprechend üppigen Bezahlung hat, hat einen geringeren Anspruch auf einen Überstundenausgleich. So wird zum Beispiel bei leitenden Angestellten häufig vorausgesetzt, dass sie auch mal Überstunden leisten, ohne dafür mehr Geld oder Freizeit zu erhalten. Ob eine entsprechende Praxis zulässig ist, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Wenden Sie sich im Zweifelsfall an einen Fachanwalt.

Überstundenausgleich und Krankheit: Was gilt?

Es kann passieren, dass Sie einen freien Tag haben, weil Sie einen Überstundenausgleich in Form von Freizeit bekommen, und dann krank werden. Hat man in diesem Fall als Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, die freie Zeit zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen? So ist es, wenn Sie Urlaub haben und krank werden. Wenn Sie dies rechtzeitig beim Arbeitgeber melden und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt vorlegen, können Sie die betreffenden Urlaubstage retten. Sie stehen dann später erneut zur Verfügung.

Beim Überstundenausgleich und Krankheit ist es jedoch anders. Es handelt sich eben nicht um Erholungsurlaub. Wer während eines Freizeitausgleichs krank wird, hat Pech gehabt. Er kann die freie Zeit nicht wie Urlaubstage auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

Bildnachweis: SG SHOT / Shutterstock.com

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